6 oktober 2012

Anna Wahlgren und die Bibel für Mütter

Anna Wahlgren wurde am 6. Oktober 1942 in Lund geboren und gehört gegenwärtig zu den meist diskutieren Autoren Schwedens, insbesondere nachdem ihre Tochter Felicia Feldt ein Buch veröffentlichte, das die Autorin in ein völlig anderes Licht setzt als sie selbst seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit leuchten ließ.

Da die Autorin bisher weitgehend vermieden hat über ihre Jugend zu erzählen, trotz einer dreiteiligen Autobiografie, die sie veröffentlichte, weiß man über den Werdegang Anna Wahlgrens, die ursprünglich Karlsson hieß, sehr wenig. Nachdem sie 1961 ihre Hochschulreife gemacht hatte, begann sie ein unstetes Leben in dem sie unzählige Partnerschaften hatte, sieben Mal verheiratet war und neun Kinder zur Welt brachte, denen es unmöglich war je ein Familiengefühl zu entwickeln, zumal Anna Wahlgren zeitweise Probleme mit Alkohol hatte. Sie selbst fühlt sich entgegen all dieser Probleme immer noch als ideale Mutter.


Anna Wahlgren veröffentlichte im Jahre 1968 zwei Bücher gleichzeitig, nämlich die Novellensammlung En av kvällarna und das Kinderbuch Burken. Beide wurden von der Kritik positiv aufgenommen, aber erreichten keine besondere Auflageziffern. Erst als 1970 ihr Roman Veka Livet erschien, ein Roman, der vor allem in der Babyabteilung eines Krankenhauses handelt, wurde man auf die Schriftstellerin wirklich aufmerksam. Der Verkauf des Buches war im Laufe der Jahre beachtlich und brachte Anna Wahlgren den Ruf einer zeitkritischen Autorin, die sich für Frauenprobleme interessiert und für eine bessere Zukunft arbeitet.

In den Folgejahren erschienen dann mehrere Bücher der Schriftstellerin, de jedoch alle nur einen durchschnittlichen Erfolg hatten, der vor allem dadurch entstand, dass Anna Wahlgren parallel zur schriftstellerischen Tätigkeit  sehr eifrig für die Wochen- und die Tagespresse arbeitete, was ihr zu einem gewissen Ruf verhalf. Insbesondere ihre Aktivität bei der Frauenzeitschrift Hemmets Journal leistete hier große Dienste.

Der wahre Erfolg kam für Anna Wahlgren 1983 mit ihrem Buch Barnaboken, einer Bible für alle Mütter in der sie auf 834 Seiten alles erklärt was eine Frau wissen muss, angefangen von der Schwangerschaft bis das Kind 16 Jahre alt wird. Es ist ein persönliches Buch, das nur auf eigene Erfahrungen und Meinungen aufbaut und zu jedem Problem eine Antwort bietet.

Das Buch weckte Interesse und füllte eine Marktlücke, was Anna Wahlgren zu einem häufig eingeladenen Gast in Radio und Fernsehen machte und gleichzeitig den Verkauf des Buches förderte, das mittlerweile über 500.000 Mal verkauft wurde, da unzählige Mütter Schwedens Hilfe bei Anna Wahlgren fanden, und die das Buch erst zur Bibel machten statt es als persönlichen Erfahrungsaustausch zu sehen.

Für die Schriftstellerin Anna Wahlgren wäre es allerdings besser gewesen dieses Buch nicht zu veröffentlichen, denn alle ihre folgenden Werke verblassten neben dem Barnaboken und die Leser wollten von ihr nur noch Themen zu Frauen und Kindern.

Das größte Problem schuf Anna Wahlgren, der man nachsagt, dass sie Mitglied der Scientologen sei, jedoch selbst weil sie im April 2009 durch ein Videodokument zeigen wollte wie man kleine Kinder am besten zum Schlafen bringt. Kinderärzte, Psychologen und Verbände zum Kinderschutz bezeichneten diese Methode als extrem veraltet, gefährlich und gingen selbst soweit sie mit Kindesmisshandlung gleichzusetzen. Das Video verschwand wieder, aber die Diskussion über die Qualität des Buches endete nicht mehr.

Mehr als die Kritiken gegen ihre Erziehungsmethoden, die meist auf intellektuellem Niveau ausgetragen wurden, verursachte im Jahr 2012 ein ungeahntes Problem größere Schwierigkeitn, denn eine der Töchter Annas, Felicia Feldt, veröffentlichte in Felicia försvann ihre Version wie ihre Kindheit ablief, wie sie die Erziehung empfand und warum sie jahrelang einen Psychotherapeuten benötigte. Sie schreibt von einem Leben ohne Stabilität, bei dem der nächtliche Sex sie wach hielt, sie schreibt davon mindestens einmal im Jahr umgezogen zu sein, tagelang allein gelassen worden zu sein, weil die Mutter sie im Alkohol vergessen hatte und von ungerechten Bestrafungen. Da die Geschwister schweigen, weiß niemand, ob die Anklagen Felicias stimmen oder nicht, aber sie geben zu denken und verhindern, dass Frauen weiterhin blind an das Barnaboken glauben.

Anna Wahlgren ist wieder, oder immer noch, im Gespräch, aber die Diskussion führt weg von der Schriftstellerin und von den über 20 Büchern, die sie veröffentlicht hat. Es wird Jahre dauern bis die Leser wieder zur Literatur Anna Wahlgrens finden werden und der Ruf der schlechten Mutter verblasst.


Copyright: Herbert Kårlin

Inga kommentarer:

Skicka en kommentar