14 oktober 2012

Hjalmar Söderberg und die schwedische Doppelmoral

Hjalmar Söderberg wurde am 2. Juli 1869 als Sohn des Buchhalters Fredrik Söderberg und Emilia Brander im Stockholmer Stadtteil Östermalm geboren und starb am 14. Oktober 1941 unter der Okkupation in Kopenhagen, wo er seit 1917 mit seiner zweiten Frau, Emelie Voss, lebte.

Seine Schulzeit beschreibt Hjalmar Söderberg als eine einzige Verfolgung durch Mitschüler, wobei er als Erwachsener dann jedoch einige unter ihnen als Freunde entdeckte. Sein Studium an der Universität Stockholm im Herbst 1890 dauerte nur wenige Monate und unterbrach kaum seine Arbeit beim Zollamt. 1891 arbeitete Söderberg für ein Jahr als Kulturjournalist in Kristianstad. Anschließend kehrte er nach Stockholm zurück um für Dagens Nyheter, Svenska Dagbladet und Ord & Bild zu schreiben, wobei er sich vor allem als Kritiker einen Namen machte.


Als Hjalmar Söderberg dann im Jahre 1895 seinen ersten Roman Förvillelser veröffentlichte, hatte er bereits einen breiten Leserkreis, überrasche jedoch Kritiker und Leser mit einem Buch, das geradezu als unmoralisch angesehen wurde, obwohl es nur eines der Bilder der damaligen Gesellschaft spiegelte. Die Hauptfigur, der Medizinstudent Tomas Weber, bekommt mit einem Mädchen der Oberschicht ein Kind, während er gleichzeitig mit einer Verkäuferin ein Verhältnis hat. Der Durchbruch als Schriftsteller kam, vielleicht gerade wegen dem Skandal, unmittelbar.

Die folgenden Bücher, insbesondere die Novellensammlung Historietter, schließen an den ersten Erfolg an, auch wenn sich Hjalmar Söderberg hier mit der Beschreibung der schwedischen Doppelmoral etwas zurückhält. Sein bedeutendstes Werk erscheint dann im Jahre 1905, ein Buch, das noch heute in literarischen Kreisen Schwedens eine wichtige Rolle spielt. Mit Doktor Glas schreibt Söderberg einen Tagebuchroman und benutzt damit einen Stil, den später viele von Autoren ihm übernommen haben.

In Doktor Glas tötet die Ich-Person, der Doktor, Pfarrer Gregorius, eine Person, die Doktor Glas als unmoralisch betrachtet. Im Laufe des Romans stellt sich immer wieder die Frage, ob es ein Recht zum Mord gibt, wobei Gregorius fast zu einer Nebenfigur wird. Das Mordmotiv gibt jedoch dem Leser zu denken, denn Doktor Glas will die Frau des Pfarrers von den moralischen ehelichen Pflichten befreien, damit sie mit ihrem Geliebten glücklich werden kann.

Im Jahre 1906 erscheint dann das sehr häufig gespielte Drama Gertrud bei dem sich Hjalmar Söderberg als hervorragender Dramatiker zeigt. Auch hier spielen die moralischen Fragen eine wichtige Rolle, denn die willensstarke Hauptfigur Gertrud verzichtet bewusst auf die halbherzige Liebe ihres Mannes und ihrer beiden Geliebten und zieht die Einsamkeit einer unvollkommenen Liebe vor.

Zwischen 1925 und 1940 arbeitete Hjalmar Söderberg immer wieder für die Göteborgs Handels- och Sjöfarts- Tidning, wo er neben Torgny Segerstedt sehr kritische Artikel gegen das deutsche Nazisystem veröffentlichte, obwohl er im besetzten Kopenhagen mit Folgen rechnen musste, was jedoch ausblieb.

Seine klare Art zu schreiben und das Bild der Doppelmoral verhinderten vermutlich, dass Hjalmar Söderberg in die Svenska Akademien aufgenommen wurde, obwohl er mehrmals vorgeschlagen wurde, denn seine Literatur bewegte sich zu sehr im gelebten Leben und versuchte keine Ideale zu schaffen. Hinzu kam, dass sich so mancher in einer der Figuren Söderbergs wiedererklannte. Auch seine Sprache war klar und einfach gehalten, damit eine möglichst große Schicht in der Lage war seine Bücher zu lesen.

Hjalmar Söderberg gehört zu jenen Autoren, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Hauptwerke schrieben, die bis heute nicht vergessen sind und weiterhin verlegt werden. Sein Leben wurde bisher zweimal verfilmt und unter dem Titel Jag har valt mina ord och menat allvar med dem erstmals 1987 von TV2 übertragen und unter dem Titel Hjärtats oro im Jahre 2002 ebenfalls von TV2. Pernilla August kündigte an, dass sie 2013 das Werk Den allvarsamma leken verfilmen wird.

Als Hjalmar Söderberg am 14. Oktober 1941 in Kopenhagen starb, erhielten seine schwedischen Kinder lediglich für den Tag der Beerdigung am 18. Oktober eine Aufenthaltsgenehmigung in Dänemark.

Copyright: Herbert Kårlin

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