12 december 2012

Fritiof Nilsson Piraten und die überspitzte Selbstdarstellung

Fritiof Nilsson Piraten wurde am 4. Dezember 1895 als Sohn des Stationsinspektors Johan Nilsson und seiner Frau Lovisa Lenander in Vollsjö in Skåne geboren und starb am 31. Januar 1972 in Malmö. Seinen Beinamen Piraten wählte er selbst, wobei ihn der Autor mit seiner Kindheit in Verbindung bringt ohne dass man je den Wahrheitsgehalt prüfen konnte.

Da Fritiof Nilsson Piraten über eine sehr rege Phantasie verfügte, sind alle Angaben über ihn mit etwas Vorsicht zu genießen. Sicher ist jedoch, dass er während der Schulzeit mehrere Probleme hatte. In der Katedralskolan in Lund wurde er gebeten eine andere Schule zu suchen, weil er den Unterricht nur unregelmäßig besuchte, aber auch mit Alkohol erwischt wurde. Aus der Schule in Ystad wurde Piraten dann geworfen, weil er sich zu viel um das andere Geschlecht kümmerte und mit einem Mädchen nach Kopenhagen ausbüchste. Die einzige Lösung war daher die Hochschulreife extern in Kristianstad zu machen, was ihm dann sogar ein Jahr früher gelang als seinen Kameraden, die den normalen Schulweg gewählt hatten.


Zwischen 1914 und 1918 besuchte Fritiof Nilsson Piraten die juristische Fakultät der Universität Lund und wurde Rechtsanwalt. Im Jahr 1915 kam seine Tochter Eivor zur Welt von deren Existenz er allerdings erst in den 30er Jahren in Kenntnis gesetzt wurde, da Piraten schon während der Studienzeit den Ruf hatte der letzte Mann zu sein, den man heiraten sollte. Nach Ende des Studiums arbeitete er erst zwei Jahre lang in einem Anwaltsbüro in Stockholm, anschließend von 1921 bis 1931 als selbständiger Rechtsanwalt in Tranås. In Tranås wurde Piraten eine Legend in den Gerichtsräumen, da er die einfallsreichsten Plädoyers aller Zeiten hielt und damit zum allgemein bekannten Gerichtsclown aufstieg, allerdings auch gute Ergebnisse für seine Klienten erzielte.

Als 1929 seine Frau Karin Jerlov nach Göteborg zog um in Lerum eine Praxis als Zahnärztin zu eröffnen, wurde die Ehe bis 1931 eine Distanzehe. 1931 folgte Fritiof Nilsson Piraten dann seiner Frau und 1933 kam die Tochter Eva Louise zu Welt, was das Ende der Ehe und den Beginn einer literarischen Karriere einleitete.

In Göteborg schrieb Fritiof Nilsson Piraten den ersten Band seiner halb-autobiographischen Romanserie, die er mit Bombi Bitt och jag einleitete, bereits 1932 veröffentlicht wurde und unmittelbar Erfolg hatte. Nur ein Jahr später erschien der zweite Roman mit dem Titel Bock i Örtagård, der erneut ein Verkaufserfolg wurde. Piraten entschloss sich nun hauptberuflich Schriftsteller zu werden.

Es kam zur Scheidung mit Karin Jerlov und bereits 1935 heiratete Fritiof Nilsson Piraten Tora Hallgren mit der er ein Jahr später nach Kivik zog und sich dort nahezu ausschliesslich dem Schreiben widmete. 1949 kam es erneut zur Scheidung, nur mit dem Unterschied, dass das Paar weiterhin zusammenlebte. Und selbst als sich Piraten im Jahre 1955 eine Winterwohnung in Malmö suchte, verbrachte er die Sommer weiterhin gemeinsam mit Tora in Kivik.

Die Zeit in Kivik war die fruchtbarste Zeit von Fritiof Nilsson Piraten, denn nach seinem Umzug nach Malmö veröffentlicht er überwiegend Romane und andere Werke, die er bereits zu einem früheren Zeitpunkt geschrieben hatte, was jedoch wenig mit Tora zu tun haben konnte, denn als Piraten 1969 ganz nach Malmö ging, beschaffte sich Tora dort eine Winterwohnung und sie machten weiterhin alle ihre Reisen gemeinsam und verbrachten sehr viel Zeit zusammen.

Auch wenn Fritiof Nilsson Piraten sehr viele Festreden verfasste, über das Segeln schrieb und Novellen veröffentlichte, so wurden im Grunde nur seine Erzählungen aus seinem eigenen Leben wirklich bekannt. Diese Serie, die aus 14 Büchern besteht und zwischen 1932 und 1974 erschien, spiegelt die Umgebungen des Autors, Menschen, die er getroffen hat und sie laufen parallel zu seinem Leben mit. Und dennoch handelt es sich dabei um keine Autobiographie im Sinne des Wortes, da man in keinem Moment weiß wann Piraten die Wahrheit schrieb und wann er die Fantasie walten ließ oder auch zu masslossen Übertreibungen neigte. Aber gerade diese einmalige Mischung macht sein literarisches Werk so einzigartig und lässt teilweise wahre Märchenbücher entstehen.

Über die Entstehungsgeschichte der Werke von Fritiof Nilsson Piraten kann man ebenfalls nur spekulieren, denn einige seiner Bücher entstanden wenn er auf Reisen war in irgendeinem Hotel. Aber diesem Schreibprozess gingen oft lange Alkoholexzesse voraus und bevor Piraten seine Geschichten niederschrieb, hatte er sie bereits hunderten von Personen erzählt und ihre Reaktionen beobachtet um seine Sätze dem besten Erfolg anzupassen.

Da Fritiof Nilsson Piraten noch mehr ein Erzähler war als ein Schriftsteller und so manche Geschichte spontan nach einem Glas Schnaps erfinden konnte, so wurde vermutlich nur ein Bruchteil seines tatsächlichen Werkes je veröffentlicht, da der Rest mit dem Gedächtnis seiner Zuhörer auf immer verschwand.

Copyright: Herbert Kårlin

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