31 oktober 2012

Mari Jungstedt und Kommissar Anders Knutas aus Gotland

Mari Jungstedt wurde am 31. Oktober 1962 in Stockholm geboren und verbrachte ihre Kindheit in Upplands-Bro, einem Ort nördlich von Stockholm. Als Mari etwa zehn Jahre alt war, ließen sich ihre Eltern scheiden, was dazu führte, dass sie in den Folgejahren mehrmals umzog, bis sie sich nach der Hochschulreife eine eigene kleine Wohnung in Stockholm leisten konnte.

Da Mari Jungstedt nicht unmittelbar in der Hochschule für Journalismus aufgenommen wurde, studierte sie erst Wirtschaftswissenschaften in Uppsala, anschließend machte sie ein Lehrerstudium in Stockholm und schließlich hing sie noch eine Ausbildung als Führer  in Stockholm und Uppsala an um englischsprachige und spanischsprachige Touristen in den beiden Städten zu führen. Nach mehreren verschiedenen Jobs ging Mari Jungstedt für zwei Jahre in die USA, wo sie erneut verschiedene Gelegenheitsjobs ausübte bevor sie dann nach Schweden zurückkehrte.


Mit 28 klappte es dann endlich mit der Hochschule für Journalismus in Sundsvall, wo sie auch ihren Ehemann Cenneth Niklasson kennen lernte. Noch bevor Mari Jungstedt ihr Studium beendete, war bereits das erste Kind ein Begleiter bei den verschiedenen Vorlesungen. Nach der Ausbildung begann Mari freiberuflich bei Ekot zu arbeiten und weniger später wurde sie vom schwedischen Fernsehen für das regionale Nachrichtenprogramm ABC angestellt, eine Anstellung, die sie so lange beibehielt bis sie als Schriftstellerin auf eigenen Beinen stehen konnte.

Der erste Kriminalroman Den du inte ser (Den du nicht siehst) erschien im Jahre 2003 und wurde von der Kritik sehr positiv aufgenommen. Bereits im ersten ihrer bisher zehn erschienenen Kriminalromanen wird der Fall von Kriminalkommissar Anders Knutas gelöst, der in allen ihren Büchern die tragende Figur ist. Die Handlungen ihrer Krimis finden auf Gotland statt, der Heimatinsel ihres Mannes, wo die Familie auch regelmäßig ihre Sommer verbringt. Diese Verbindung zu Gotland erlaubt es auch die Orte, die in ihren Büchern eine Rolle spielen, bei einem Besuch zu entdecken.

In den Kriminalromanen von Mari Jungstedt erlebt man nicht nur Gotland zu allen Jahreszeiten, sondern auch das Leben der handelnden Personen unter den unterschiedlichsten Aspekten, wobei der Leser bei vielen unter ihnen die Träume, die Hoffnungen, aber auch das heimliche Leben und zerrissene Familienverhältnisse entdeckt. Die Handlungen der Krimis sind daher mehrschichtig zu sehen bei denen der Mord nur ein Teil des tatsächlichen Geschehens ist.

Mari Jungstedt, deren Bücher mittlerweile in rund 20 Sprachen übersetzt wurden und die von The Times als eine der besten skandinavischen Krimiautoren bezeichnet wird, hat bisher allein in Schweden bereits 2,2 Millionen Bücher verkauft und gilt damit als eine der meist gelesenen Autorinnen Schwedens. Mehrere ihrer Bücher wurden bereits verfilmt, wobei die Bände „Den du nichtg siehst“ und „Näher als du denkst“ (I denna stilla natt) Teile der deutschen Fernsehserie „Der Kommissar und das Meer“ sind.

Copyright: Herbert Kårlin

30 oktober 2012

Maria Fagerberg und die Schicksale des Alltags

Maria Fagerberg wurde am 30. Oktober 1967 in Nyköping geboren, wo sie auch aufwuchs bevor sie in Linköping studierte, der Stadt, in der sie heute noch mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen lebt.

Die Schriftstellerin studierte an der Universität Linköping schwedische Literaturwissenschaft, Geschichte, Englisch und Pädagogik. Anschließend ergänzte sie ihr Studium mit einer Direktorenausbildung an der gleichen Universität. Gegenwärtig ist Maria Lehrerin und Rekto an der Volksuniversität in Linköping, wobei sie die Schriftstellerei immer noch als Nebenberuf ausübt.


Im Jahre 2003 erschien Maria Fagerbergs erster Roman, dem sie den Titel Svart Dam gab und die Literaturkritiker sowohl vom Inhalt her als auch mit ihrem Stil überzeugte. Svart Dam ist die Geschichte einer jungen Frau, die von einer Sekunde zur anderen in den Wartesaal des Todes gesetzt wird und dadurch ihr Leben, aber auch das der Tochter und des Ehemannes von einer anderen Warte aus betrachtet und mit einer neuen Realität konfrontiert wird.

Wie bereits bei diesem ersten Buch Svart Dam, so greift Maria Fagerberg auch bei ihren folgenden drei Romanen auf die Alltagsschicksale von Menschen zurück, die am Rande der Gesellschaft stehen und deren Erlebnisse zu Tabuthemen gehören über die man nicht spricht und deren persönliche Entwicklung man oft kaum wahrnimmt, obwohl die Anzeichen schon lange sichtbar sind.

Bei ihrem zweiten Roman Till Hemlandes aus dem Jahre 2004 werden neun Personen vom Bürgerkrieg überrascht, der für sie mit dem Aufwachen am Morgen das Leben verändert. Alle handelnden Personen haben den Bürgerkrieg gemeinsam, aber sie verarbeiten ihn auf eine eigene, sehr persönliche Weise.

Zwei Jahre später folgt der Roman Skärvor från himlen, die Geschichte von zwei Personen, die beide in einer verlorenen Welt leben, da sie sich Träume erfüllen wollen, die man nicht erfüllen kann, weil jeder Schritt den sie gehen vom Ziel des Traumes entfernt und ihre Entscheidungen in Frage stellt.

Maria Fagerbergs bisher letzter Roman Lingonstigen aus dem Jahre 2009 zeigt erneut wie zerbrechlich eine Familie ist und wie schnell das Glück einer Familie in tausend Scherben zerbricht, wenn nur eines der Glieder seine persönlichen Probleme allein austragen will wie im Fall von Lingonstigen, wo eine 15-jährige sich plötzlich selbst schneidet und niemand die Vorzeichen erkannte.

Maria Fagerströms Bücher sind keine unterhaltsamen Romane, da sie alle ein unbehagliches Gefühl beim Leser zurücklassen, da sich der Leser betroffen und machtlos fühlt, zumal die Schriftstellerin über Dinge schreibt, die jeden plötzlich unvorbereitet treffen können und damit dem gesamten Leben eine Wendung geben.

Copyright: Herbert Kårlin

29 oktober 2012

Lars Gyllensten, philosphische Gedanken zum Alltagsleben

Lars Gyllensten wurde am 12. November 1921 als Sohne des Direktors Carl Gyllensten und Ingrid Rangström in Stockholm geboren und starb am 25. Mai 2006 um Karolinska Universitätskrankenhaus ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt.

Bevor sich Lars Gyllensten dazu entschied hauptberuflich als Schriftsteller zu arbeiten, arbeitete er erst als Arzt an der Universitätsklinik und später als Assistenzprofessor am Karolinska Institut in Stockholm. Mehrere seiner literarischen Werke erschienen jedoch schon während seiner Studienzeit, allen voran das lyrische Werk Camera obscura, das er zusammen mit Torgny Greitz unter dem Pseudonym Jan Wictor veröffentlichte.


Lars Gyllensten führte seit seiner Studentenzeit ein Parallelleben als Schriftsteller und Arzt, wobei seine Werke bereits sehr früh offiziell sehr hoch eingestuft wurden, weswegen er schon 1966 auf den Stuhl Nummer 14 der Svenska Akademien gewählt wurde, wo er Ragnar Josephson nach seinem Tod folgte. Ebenfalls noch bevor er hauptberuflich Schriftsteller wurde, war er auch Mitglied des Nobelkomitee geworden. Später wurde Lars Gyllenststen zusätzlich in den Vitterhetsakademien und die Kungliga Vetenskapsakademien gewählt. Lars Gyllensten verließ allerdings, gemeinsam mit Kerstin Ekman und Werner Aspenström, die Svenska Akademien aus Protest dagegen, dass sich die Akademie weigerte Ayatolla Khomeini zu kritisieren.

Der Lyrikband Camera obscura war aus mehreren Gründen eine Schlüsselwerk des Autors, denn als der Lyrikband 1946 erschien, wurde er wegen seiner literarischen Leistung von Kritikern gelobt, aber als wenig später bekannt wurde, dass zwei Medizinstudenten in wenigen Stunden die Sammlung verfasst hatten um lediglich die Oberflächlichkeit die Lyrik dieses Jahrzehnts ironisierte, waren die Namen der beiden Autoren bekannter geworden als durch den Lob der Kritiker.

Von Beginn an war Lars Gyllensten ein sehr aktiver Autor, der sich von Beginn an bei seinen Werken an die Philosophie von Søren Kierkegaard anlehnte und die existentiellen Grundfragen des Lebens ins Zentrum stellte, was für ihn bedeutete einen übergreifenden Gott zu finden. Gyllensten versuchte in seinen Werken in die Tiefe der menschlichen Seele einzutauchen, was bei Romanen wie Carnivora oder Senilia am deutlichsten zu Tage tritt, aber diese Werke auch auf eine Ebene versetzt, die sie nicht allgemein zugänglich machen. Um dieses Problem auszugleichen, veröffentlichte Lars Gyllensten gegen Ende seines Lebens dann einige Romane, die er in einer etwas einfacheren Sprache formulierte. Unter diesen Romanen findet man I skuggan av Don Juan und Sju vise mästare om kärlek.

Als Lars Gyllensten den Litteraturfrämjamdets stora pris erhalten hatte, gab er 1973 seinen Beruf am Karolinska Institutet auf und begann nur noch als Schriftsteller zu arbeiten, wobei er sich dann jedoch nicht mehr nur auf das Schreiben verlegte, sondern er auch als Debatteur und in in der Presse aktiv wurde. Besonders bedeutend ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass Gyllensten seine Theorien auch in die Praxis übersetzte und sich aktiv in Verkehrsfragen, Umweltfragen und Fragen der Entwicklungshilfe  einmischte.

Wer einen Zugang zu Lars Gyllensten sucht, sollte mit seinen Memoiren Minnen, bara minnen beginnen in denen er seine Standpunkte verteidigt und auch seine Kritik gegenüber der Svenska Akademien und gegen Olof Lagercrantz darstellt.

Copyright: Herbert Kårlin

28 oktober 2012

Alfhild Agrell und die Situation der Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Alfhild Agrell, geborene Martin, wurde am 13. Januar 1849 als Tochter des Konditors Martin und Karolina Adolphson in Härnösand geboren und starb am 8. November 1923 in Flen. Von 1868 bis 1895 war sie mit dem Großhändler Albert Agrell verheiratet mit dem sie dann nach Sundsvall zog. Die Ehe mit dem zehn Jahre älteren Agrell gilt als von den Eltern arrangiert.

Der literarische Durchbruch kam für Alfhild Agnell, die mit zur Gruppe der schwedischen Autorinnen gehört, die die Frauenliteratur in den den Jahren 1880 in Schweden salonfähig machte, jedoch erst über zehn Jahre nach der Ehe, als das Paar von Sundsvall nach Stockholm zog, literarisch an die Öffentlichkeit trat.


Der erste große Erfolg für Alfhild Agnell kam mit ihrem Drama Räddad, das als Antwort auf Henrik Ibsens Ett dockhem (Ein Puppenheim), allerdings extrem pessimistisch in ihrer Beschreibung der Situation der Frau dieser Epoche, wobei die Autorin dabei das Thema der Selbstverwirklichung der Frau in der Ehe hat. Wie so viele andere Frauen der Epoche schrieb sie dieses Drama unter einem Pseudonym für das sie Thyra wählte. Später wandte sie dann häufig den Namen Lovisa Petterqvist an, um erst Jahre später ihren tatsächlichen Namen zu verwenden.

Mit ihren nächsten beiden Dramen Dömd aus dem Jahr 1884 und Ensam, das zwei Jahre später erschien, wollte sie auf die Situation von allein erziehenden Müttern aufmerksam machen, nahm jedoch als Hauptthema die Doppelmoral der schwedischen Gesellschaft mit der Forderung, dass ein Mann, der ein Kind macht ohne die Frau zu heiraten von der Gesellschaft gleichermaßen ausgestoßen werden muss wie die allein erziehende Mutter, ein Thema, das am Ende des 19. Jahrhunderts als absolutes Tabuthema betrachtet wurde.

Alfhild Agnells Problem in der literarischen Welt der 80er und der 90er Jahre war nicht nur, dass sie eine Frau war und damit eine schwierige Position in einer Männerwelt einnahm, sondern auch, dass die Theaterwelt über gesellschaftliche Themen in Schweden von August Strindberg und Henrik Ibsen dominiert wurden und Frauenthemen oft als nicht relevant betrachtet wurden. Selbst wenn Alhild Agnell als Frau jener Zeit einen sehr beachtlichen Erfolg hatte, so wurden ihre Stücke weitaus seltener von Theatern aufgenommen als jene August Strindbergs, der mit seinen Werten die Bühnen Schwedens für sich beanspruchte.

Nahezu unbemerkt blieb daher auch, dass Alfhild Agnell sehr viele humoristische Einschläge in der Tagespresse schrieb, Novellen und Reiseschilderungen über Nordschweden veröffentlichte  und 1904 den Roman Guds drömmare erschien, ein Meisterwerk der schwedischen Literatur, das mit den Büchern Selma Lagerlöfs verglichen werden kann.

In Guds drömmare wird der Leser mit der Suche nach einem Glauben an Gott konfrontiert, das sich jenseits des kirchlichen Dogmas befindet, wo Gott jede Glaubensrichtung akzeptiert.

Auch wenn man man versucht Alfhild Agrell eine Rolle in der Frauenbewegung Schwedens zu geben, so war ihr Ziel weniger ein Kampf für die Rechte der Frau, sondern vielmehr die Darstellung des damaligen Gesellschaftssystems in dem eine Frau im Grunde keinen Platz hatte, außer als Ehefrau Kinder zu gebären und zu erziehen.

Jedes Drame der Autorin stellt ein System in Frage in dem die Frau kein Recht hat zu wählen, keine Handlung ohne Genehmigung ihres Ehemanns ausführen darf, Sexualität nur eine eheliche Pflicht ist und eine Frau, die unehelich ein Kind bekommt, eine Schande darstellt. Alfhild Agrell schreibt ihre Werke nicht für Frauen, die diese Probleme kennen, sondern für Männer, die sich dafür einsetzen den Frauen dabei zu helfen, dass sie eine Existenzberechtigung in der Gesellschaft bekommen. Der Schriftstellerin ist vollkommen bewusst, dass das Frauenproblem zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht von den Frauen allein gelöst werden kann, sondern fortschrittliche Männer eingreifen müssen.

Dass Alfhild Agrell auch zu ihrer Zeit nicht die Bekanntheit errang, die ihr im Grunde zustand, lag natürlich auch daran, dass sie zu den verschiedensten Pseudonymen greifen musste um ihr Publikum zu erreichen. Ihre Reisebeschreibung Nordanifrån veröffentlichte sie, zum Beispiel, unter dem männlichen Namen Stig Stigson, so dass viele ihrere Leser nie erfuhren, dass es sich auch bei diesem Werk um Alfhild Agrell handelte. Die gleiche Situation entstand bei den Büchern Hemma i Jokkmokk, En skildring ur småstadslifvet oder I Stockholm. Också en resebeskrifning, den am häufigsten von ihr verkauften Büchern, die alle nicht ihren wirklichen Namen auf dem Titel stehen hatten.

Copyright: Herbert Kårlin

27 oktober 2012

John Wigforss, vom Bohème-Revolutionär zum Konservatismus

John Wigforss wurde am 4. Oktober 1872 in Karlshamn als Sohn des Eisenhändlers Johan August Wigforss und Anna Sofia Pålsson geboren und starb am 7. September 1909 im Alter von 37 Jahren und nach längerer Krankheit in Karlstad.

Der Journalist und Schriftsteller John Wigforss wird bereits während seiner Jugend als sehr intelligent beschrieben und legte die Hochschulreife bereits mit 16 Jahren ab. Es wird ihm auch nachgesagt, dass er seinen Zulassungsaufsatz bei der Universität Lund in Versform schrieb, was sehr selten vorkam. John Wigforss studierte klassische Sprachen, Geschichte und Ästhetik, allerdings ohne größere Überzeugung und aus finanziellen Gründen mit einem Jahr Unterbrechung.

Foto: Dagens Nyhetershistoria, 1952
 
An der Universität in Lund schloss sich John Wigforss den Tuabohemen an, einer linken Studentengruppe, die sich um Bengt Lidforss gebildet hatte und seine Ideen vor allem durch die Herausgabe von Studentenkalendern propagierte. In dieser Gruppe traf Wigforss auch den humoristischen Schriftsteller Axel Wallengren mit dem er mehrere literarische Projekte realisierte.

Als der Vater von John Wigforss im Jahre 1892 plötzlich starb, musste dieser sein Studium abbrechen und begann als Journalist zu arbeiten, wobei er seine Laufbahn bei der Folkets Tidning in Lund begann, dann aber bald zur Varbergsposten wechselte, später dann zur Nya Dagligt Allehande und schliesslich zur Nya Wermlands-Tidningen kam, wo er bis kurz vor seinem Tod beschäftigt war.

Seine literarische Karriere begann John Wigforss mit der Novellensammlung Tattare - några historier från Halland im Jahre 1899, ein relativ dünnes Werk, das vor allem lokal eine gewisse Bedeutung erlangte.

Weitaus bekannter wurden seine Komödien über Sten Stensson från Eslöf für das Theater. Nach dem immensen Erfolg des ersten Stückes verfasste John Wigforss zwei weitere Komödien mit der gleichen Hauptfigur, die zwar ebenfalls einen bedeutenden Erfolg errangen, aber nicht an das erste Werk heranreichten, jedoch ebenfalls auf den bekanntesten Bühnen Schwedens aufgeführt wurden, da sie auf humoristische Weise die Gesellschaft darstellten bei der ein zukünftiger Bürgermeister allen Zusagen macht, damit er gewählt wird, ohne auch nur eine Sekunde an das Einhalten der Versprechen zu denken.

In den Folgejahren schreibt John Wigforss, neben seiner Arbeit als Journalist, noch mehrere Theaterstücke, die sich alle durch den typischen Humor des Autors ausdrücken. 1906 erschien das autobiographische Werk Då vi lågo i Uppsala och Lund und 1907 Antika nätter, eine Sammlung von Gedichten und Dramen des Autors. Bevor jedoch John Wigforss auch literarisch an den Erfolg seiner Komödien anschließen konnte, starb er an Herzversagen. John Wigforss hatte bereits seit Jahren Herz- und Nierenprobleme, die ihn auch gezwungen hatten sich die letzten Wochen seines Lebens von der Nya Wermlands-Tidningen zurückzuziehen.

Während John Wigforss sich in Lund geradezu als Revolutionär zeigte, der die Welt modernisieren und verändern wollte, zeigte er in seinen späteren Arbeiten immer konservativere Züge, die so weit gingen, dass er forderte, dass jede sportliche Veranstaltung während der Zeit von Gottesdiensten grundsätzlich verboten werden müsse. Im Sozialismus sah Wigforss den Untergang des schwedischen Reiches.

Copyright: Herbert Kårlin

26 oktober 2012

Karin Boye und die Zerbrechlichkeit einer Schriftstellerin

Karin Boye wurde am 26. Oktober 1900 als Tochter des Ingenieurs Carl Fredrik Boye und Signe Liljestrand in Göteborg geboren und starb am 23. oder 24. April 1941 durch Selbstmord in Alingsås. Die ersten neun Jahre verbrachte die Schriftstellerin und Poetin in Göteborg, anschließend zog die Familie nach Stockholm und ab 1915 wohnte sie fünfköpfige Familie schließlich in Huddinge.

Als die Familie nach Huddinge zog, begann Karin Boye zu schreiben und zu malen, wobei sie bei der Malerei vor allem zu mythischen Figuren neigte. Literarisch versuchte sich Karin an Lyrik, Novellen und Theaterstücken. Nach ihrer Hochschulreife im Jahre 1920 legte sie bereits ein Jahr später auch die Prüfung als Volksschullehrerin ab, ohne jedoch diesen Beruf auszuüben, denn sie setzte ihr Studium an der Universität Uppsala mit nordischen Sprachen, Griechisch und Literaturwissenschaft fort. 1926 wechselte die Schriftstellerin die Hochschule um in Stockholm Geschichte zu studieren. 1928 verließ sie die Universität, da sie dem hohen Stress nicht gewachsen war. Über die näheren Ursachen sprach Karin Boye jedoch nie. Eine der Ursachen suchte man in der lesbischen Neigung, die die Autorin sehr früh entdeckte, aber zu bekämpfen versuchte, da sie, sehr bürgerlich erzogen, ein „normales“ Leben führen wollte.


Karin Boyes Karriere als Lyrikerin begann gleichzeitig mit ihrem Studium in Uppsala und der Veröffentlichung ihrer Gedichtsammlung Moln (Wolken). Der Stil der Gedichte war den Formen der isländischen Sagen angepasst und der Inhalt sprach die damalige Jugend Schwedens an, denn Boyes Gedichte zeigten den Zweifel an Gott, die Zweifel an der Zukunft und wie wenig das Leben Idealen folgte. Das Werk ist eine Mischung aus traditionellen Ideen und dem Umbruch, den die schwedische Gesellschaft während dieser Epoche erlebte.

1927 wurde Karin Boye Mitglied der sozialistischen Zeitschrift Clarté, wenig später gründete sie, gemeinsam mit Josef Riwkin, Erik Mesterton, Gunnar Ekelöf und anderen die Zeitschrift Spektrum und 1931 wurde die Schriftstellerin in den Samfundet De Nio gewählt.

Trotz ihrer lesbischen Neigung hatte Karin Boye bereits 1928 Leif Björk geheiratet, was sie immens unter Druck setzte und sich erst löste als die Schriftstellerin 1932 für ein Jahr in das zu jener Zeit weitaus offenere Berlin kam und entdeckte, dass die Homosexualität auch normal sein kann. Sie löste daher die Ehe auf und begann anschliessend weitaus freier zu schreiben, ohne den gesellschaftlichen Druck in gleicher Weise zu spüren wie vrher. Zurück in Schweden lud sie die deutsche Jüdin Margot Hanel ein mit der sie in Berlin ein Verhältnis begonnen hatte. Margot blieb bis zum Tod der Schriftstellerin an ihrer Seite, was einen gewissen Skandal verursachte, zumal Homosexualität um dieses Zeit in Schweden noch unter Strafe stand.

Karin Boye gehört, neben Pär Lagerkvist und Birger Sjöberg zu den sogenannten Erneuerern der schwedischen Literatur, die stark von der Psychologie Freuds beeinflusst waren und Gefühlen eine wichtige Rolle gegeben haben.

Auch wenn Karin Boye heute vor allem für ihre Gedichte bekannt ist, allen voran Ja, visst gör det ont när knoppar brister, so schrieb sie auch zahlreiche Essays und Romane, wobei zwei davon autobiographischen Züge tragen und ein Schlüssel zu ihr sind: Kris und Kallocain.

Über den Tod von Karin Boye haben sich viele Schriftsteller Gedanken gemacht, da man die Motive nicht sehen konnte. Die Schriftstellerin hatte in Alingsås ihre Jugendfreundin Anita Nathorst besucht, die an Krebs erkrankt war und kurz vor ihrem Tod stand. Karin Boye pflegte die Kranke und verbrachte daher viel Zeit mit ihr und dem Tod an ihrer Seite. Am 23. April 1941 verließ sie das Haus der Freundin, ging auf eine Anhöhe von Alingsås und nahm eine Überdosis an Schlaftabletten. Als sie am nächsten Tag gefunden wurde, war sie bereits tot. Die Lebensgefährtin Margot Hanel war nicht mit in Alingsås, beging jedoch nur einen Monat später ebenfalls Selbstmord.

Sehr vieles um den Tod von Karin Boye und ihr Verhältnis zu Frauen wird für immer verborgen bleiben, da die Mutter der Schriftstellerin nach dem Tod ihrer Tochter und jener von Margot Hanel den gesamten Schriftwechsel der beiden Frauen verbrannte, inklusive der Gedichte, die Karin für ihre Lebensgefährtin geschrieben hatte.

Karin Boyes Prosa wurde und wird, im Gegensatz zu den Gedichten und den Essays, oft als abstrakt und unrealistisch empfunden, da die Autorin keine realistischen Personen benutzte, sondern ihnen die Eigenschaften von mehreren Personen gleichzeitig gab um dadurch die Gesellschaft auszudrücken und nicht eine bestimmte Person, eine Technik, die sicher den Zugang zu den Romanen etwas erschwert, aber Karin Boye am deutlichsten beschreibt, denn sie lebte nahezu ihr ganzen Leben in mehreren Welten gleichzeitig, da sie nur in wenigen intimen Momenten sie selbst sein konnte und immer auf der Wacht vor der teils anonymen Gesellschaft sein musste.

Copyright: Herbert Kårlin

25 oktober 2012

Marika Stiernstedt und die Abwendung von der Aristokratie

Marika Stiernstedt wurde am 12. Januar 1875 als Tochter des Freiherrn Leonard Wilhelm Stiernstedt und der polnischen Gräfin Marie Pauline Victoria Ciechanowiecka in Stockholm geboren und starb am 25. Oktober 1954 im Kurhotel in Tyringe, wo sie auch ihren letzen Roman Kring ett äktenskap schrieb, der ihre Ehe mit dem Schriftsteller Lubbe Nordström (Ludvig Nordström) beschreibt.

Die Schriftstellerin Marika Stiernstedt wuchs in einer beschützten aristokratischen Gesellschaft auf in der Frauen nur den Mann zu stützen hatten und die Ausbildung nur für Repräsentationszwecke diente, weshalb die Autorin auch sehr früh sehr gute Französischkenntnisse erlernen musste. Die Mutter erzog Marika in streng katholischem Glauben, was im damaligen Schweden relativ ungewöhnlich war. Da es in Schweden auch schwierig war ein Mädchen im katholischen Sinn zu erziehen, erfolgte ein Teil der Erziehung in einer französischen Klosterschule.

Foto: Dagens Nyhetershistoria, 1952

Das beschützte Milieu in dem Marika Stiernstedt aufwuchs konnte jedoch nicht verhindern, dass sie sich sehr früh für den sozialistischen Gedanken erwärmte, sich Gedanken über die Rechte der Frauen machte und die Frauen der Bürgerschicht bewunderte, denen eine Ausbildung dazu half etwas Sinnvolles zu leisten. Sie selbst versuchte sich daher durch Schriftstellerei auszudrücken und ihrem Leben damit einen Sinn zu geben.

Wie mehrere Schriftstellerinnen jener Zeit, so veröffentlichte auch Marika Stiernstedt ihren ersten Roman Sven Vingedal unter einem Pseudonym, nämlich unter dem Namen Mark Stern. Erst 1903 entschied sie sich ihren tatsächlichen Namen zu verwenden, was in der gehoben Schicht Schwedens allerdings nicht sehr positiv gesehen wurde.

Von 1900 bis 1906 war Marika Stiernstedt in erster Ehe mit dem Freiherrn und Abenteurer Carl Cederström verheiratet, eine Ehe, die auf Grund des Charakters Cederströms von vornherein zum Scheitern verurteilt war, aber Marika neue Impulse gab und ihr nach der Scheidung den Ruf einer befreiten Frau brachte, was sie auch war, aber während einer adeligen Ehe kaum als solches betrachtet wurde.

Die Romane, die Marika Stiernstedt ab 1905 schreibt und ihr auch den literarischen Durchbruch bringen, tragen die Botschaften der Frauenrechtlerin Ellen Keys, fordern die erotische Emanzipation der Frau, gehen aber auch gegen die Doppelmoral der Männer und die Dekadenz der Adelsschicht an, die sie dem Intellekt der Mittelklasse gegenüberstellt. Die bedeutendsten Romane zu diesem Thema wurden Landshöfdingens dotter, der im Jahre 2011 erschien und Alma Wittfogels rykte aus dem Jahre 1913.

Die Kraft dieser Werke kommt mit Sicherheit auch aus der zweiten Ehe, die Marika Stiernstedt 1909 mit dem Schriftsteller Ludvig Nordström eingegangen war und die 1936 erneut mit einer Scheidung endete. Ihr Mann war verlogen, Alkoholiker, untreu und verachtete ihre Werke, da eine Frau in seinen Augen keine literarische Leistung bringen konnte. Vermutlich waren es gerade diese Erfahrungen, die Marikas Büchern die außerordentliche Stärke gaben.

Das politische Engagement von Marika Stiernstedt entdeckt man am besten in ihrem Buch Armeniernas fruktansvärda läge aus dem Jahre 1917, da dieses Werk zeigt, dass Marika mit zu den ersten Personen in Europa gehörte, die im Zusammenhang mit dem Osmanischen Reich und den Armeniern von Völkermord spricht, eine Meinung, die sie mit dem schwedischen sozialdemokratischen Politiker Hjalmar Branting teilte. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich die Schriftstellerin auch als Kämpferin gegen das Nationalsozialistische System Hitlers und engagierte sich in Menschenrechtsorganisationen

Marika Stiernstedt veröffentlichte insgesamt 21 Romane, mehrere Novellensammlungen und einige autobiographische Werke, wobei ihre Romane nicht nur der Belletristik angehören, sondern, vor allem während der zweiten Hälfte ihres Schaffens auch aus zeitnahen politischen Werke besteht. In ihren Büchern ab den 40er Jahren kann man auch deutlich ihre Entwicklung von der Sozialistin zur Kommunistin sehen, denn während die Schriftstellerin anfangs mehr desillusionierende Frauenromane schreibt, entdeckt man immer mehr die Darstellung einer desillusionierten westlichen Gesellschaft.

Im Jahre 1917 erhielt Marika Stiernstedt den großen Preis des Samfundet De Nio in den sie ein Jahr später gewählt wurde. Von 1931 bis 1936 und zwischen 1940 und 1943 war die Schriftstellerin auch die Vorsitzende des schwedischen Schriftstellerverbands (Sveriges författarförbund).

Copyright: Herbert Kårlin

24 oktober 2012

Lars Widding, der Vielschreiber des 20. Jahrhunderts

Lars Widding wurde am 31. Oktober 1924 in Umeå geboren und er starb am 3. März 1994 in Stockholm. Der Autor wuchs in Umeå auf, wo sein Vater als Rechtsberater arbeitete. Nach der Hochschulreife in seinem Heimatort, ging Widding nach Stockholm um dort zwischen 1946 und 1950 an der Universität zu studieren.

Lars Widding, der seinen Arbeitgebern immer die Treue hielt, hatte im Privatleben etwas weniger Beständigkeit, denn er war dreimal verheiratet. Die erste Ehe mit Ulla Fredriksson, die er noch Student einging, dauerte von 1947 bis 1970. Zwischen 1975 und 1987 war er dann mit der Kulturanthropologin Anita Jacobson verheiratet und zwischen 1987 bis zu seinem Tod im Jahre 1994 mit der Schauspielerin Fillie Elsava Lyckow.


Unmittelbar nach seinem Studium begann Lars Widding beim Expressen zu arbeiten, eine Tätigkeit, die er, neben seiner Arbeit als Schriftsteller, bis 1985 fortsetzte. Mit Ausnahme seiner ersten drei Bücher, die die Jugend des Schriftstellers zum Thema haben, seiner Autobiografie Min historia und seiner Kleinstadtchronik Pigan och härligheten, die in vier Bänden das Umeå seiner Jugend zum Thema haben, arbeitete Lars Widding nahezu ausschließlich mit geschichtlichen Themen.

Seinen literarischen Durchbruch hatte Lars Widding mit dem Buch Årstafrun, eine dreiteilige Romansuite, die er zwischen 1964 und 1966 veröffentlichte und die auf die 25 Bände des „Årstafruns dagbok“ aufbauen, also die Tagebücher von Märta Helena Reenstierna, die täglich einen Eintrag in ihr Tagebuch machte und dabei die gesamte Schicht Stockholms von ihrer Warte aus beschreibt, angefangen von den einfachsten Dienern bis zum Adel, der in den verschiedenen Salons verkehrte.

Bereits in diesem Buch, einem von über 50 Werken, die Lars Widding im Laufe seines Lebens schrieb, zeigt sich die Stärke des Schriftstellers, denn er kann geschichtliche Ereignisse so verarbeiten, dass sie spannend werden und nicht mehr als reine Geschichte aufgefasst werden. Lars Widding hält sich dabei an tatsächliche Ereignisse und taucht bei Årstafrun sogar nur als Erzähler der Geschichte auf, aber er gibt den Tagebüchern Leben.

Mehrmals verfügt Lars Widding über so viel Stoff, dass er aus einem Thema mehrere Romane macht. Eines dieser Beispiele ist die Karolinersviten in der er die schwedischen Soldaten und ihr Leben unter den Königen Karl XI. und Karl XII. zum Leben erweckt, die Infanterie, die durch ihre blauen Uniformen mit goldenen Umschlägen in vielen Museen des Landes den historischen schwedischen Soldaten als solches darstellen.

Lars Widding gilt als einer der produktivsten schwedischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, der außer seiner Tätigkeit als Journalist beim Expressen und der Redaktion seiner über 50 Romane zusätzlich 13 Filmmanuskripte schrieb und ständig Aufträge von Radio und Fernsehen übernahm. Einige seiner Bücher wurden in andere nordische Sprachen und ins Englische übersetzt.

Copyright: Herbert Kårlin

23 oktober 2012

Gun Kessle und die Dritte Welt

Gun Kessle, die eigentlich Gunborg Myrdal, geborene Isaksson hieß, wurde am 15. Juni 1926 in Haparanda geboren und starb am 23. Oktober 2007 in Dagarn bei Skinnskatteberg. Die Künstlerin, Fotografin und Autorin war ab ab 1963 mit Jan Myrdal verheiratet.

Die erste künstlerische Ausbildung erhielt Gun Kessle im Österåsens Sanatorium von Künstlern, die gleichzeitig mit ihr im Sanatorium waren um gegen TBC behandelt zu werden, eine Krankheit, deren Folgen die Künstlerin bis zum Lebensende spürte. Nach der Entlassung aus dem Sanatorium besuchte Gun die Signe Barths Målarskola in Stockholm, die Hampstead Art School und und Kungliga Konsthögskolan, wo sie sich auf grafische Kunst spezialisierte.


Auch wenn Gun Kessle in erster Linie Künstlerin und später auch Fotografin war, so darf auch ihre literarische Leistung nicht vernachlässigt werden, denn sie arbeitete als Redakteur bei Folket i Bild/Kulturfront, bei Förr och Nu und sie arbeitete an jedem Buch mit, das Jan Myrdal veröffentlichte, wobei sie hierbei nicht nur für die Bebilderung und die Illustrationen sorgte, sondern auch redaktionell mitwirkte, denn, wie Jan Myrdal einst sagte, so gab es keine Zeile in seinen Werken, die seine Frau nicht gelesen und für gut befunden hatte.

Gun Kessle, die Mitglied im PEN-Klub war, ist jedoch kaum für ihre literarische Tätigkeit bekannt, sondern für ihre Fotos und Illustrationen aus der Dritten Welt, ihre Fotos von klassischen Statuen und natürlich die 51-jährige Zusammenarbeit mit Jan Myrdal. Bei dieser Zusammenarbeit entstanden Werke wie Att leva i en kinesisk by, Brev från en turist oder auch Mexico - Dröm och längtan. Es wurde nie bekannt in welcher Weise Gun Kessle und Jan Myrdal wirklich zusammenarbeiteten, denn beide erklärten, das jedes veröffentlichte Buch eine Einheit war, das nur durch die enge Zusammenarbeit entstehen konnte.

Weder über Gun Kessle noch über Jan Myrdal ist sehr viel bekannt, da es beiden nicht wichtig war sich selbst zu vermarkten, sondern ihr Ziel war während ihrer Reisen der westlichen Welt ein möglichst genaues Bild der Dritten Welt zu liefern. Sie wollten ihre Bücher über Afghanistan, China, Albanien, Indien oder Mexiko für sich sprechen lassen ohne einen Personenkult zu betreiben, der manchen modernen Autoren wichtiger ist als der Inhalt ihrer Bücher.

Copyright: Herbert Kårlin

22 oktober 2012

Carl Anders Kullberg, der unsichere Dichter

Carl Anders Kullberg wurde am 26. Oktober 1815 als Sohn des Prosten Olof Kullberg und Maragreta Christina Otter bei Skövde geboren und starb am 22. Oktober 1897 in Skövde, wo er die letzten Jahre sehr zurückgezogen lebte.

Seine Jugend verbrachte Carl Anders Kullberg in der gehobenen Schicht Skövdes, wobei er als sehr begabt galt, aber auch forderte, dass diese Begabung von allen in größtem Masse anerkannt wurde. Nach der Hochschulreife studierte der Schriftsteller, der 1865 auf den Stuhl Nummer 13 der Svenska Akademien gewählt wurde, von 1833 bis 1844 humanistische Wissenschaften an der Universität Uppsala, insbesondere die Philosophie Hegels und alte Sprachen.

Bild: Riksarkivet
Obwohl Carl Anders Kullberg eine große Karriere als Wissenschaftler vorausgesagt wurde, brach er seine Studien nach zehn Jahren ab, nur weil einer seiner Professoren seinen Lateinkenntnissen nicht die gleichen Werte zuordnete wie Kullberg selbst. Nach dem Abbruch seiner Studien kehrte Carl Anders Kullberg dann zurück nach Skövde, wo er ein Leben ohne die geringsten Geldsorgen führen konnte und sich ganz seiner Dichtkunst und dem Übersetzen klassischer Texte widmete.

Auch nach dem Tod der Eltern musste sich Carl Anders Kullberg nie Gedanken über seine finanzielle Zukunft machen, was auch dazu führte, dass der Poet sehr unregelmäßig arbeitete. Seine literarische Karriere baute insbesondere auf einige Gedichte auf, die er bereits während seiner Studienzeit geschrieben hatte. Sowohl für das Gedicht „Kvinnans skapelse“ als auch für „Sonetter till Julia“, die beide in Uppsala entstanden, wurde er mit dem Poesiepreis der Svenska Akademien ausgezeichnet. Beide Gedichte erschienen jedoch erst 1850 in der ersten Gedichtsammlung Kullbergs, die allerdings ohne großen Enthusiasmus von seinen Lesern aufgenommen wurde und lediglich von der Svenska Akademien mit den besten Worten gelobt wurden.

Auch nun zeigt sich der Charakter des Dichters, der den Misserfolg wenig verkraftet, denn nach diesem Gedichtband schreibt er nur noch einige einzelne Gedichte, die jedoch zu keinem zweiten Band mehr führen. Einige Literaturwissenschaftler legen dies auf eine hohe Selbstkritik, andere darauf, dass er Kritik und Misserfolg nicht verkraftete.

Carl Anders Kullberg beginnt sich nun immer mehr auf klassische Übersetzungen zu spezialisieren, wobei er auch dieses Mal wieder die Svenska Akdademien auf seiner Seite hat, denn für das zweibändige Werk Befriade Jerusalem erhält Kullberg im Jahre 1857 den bedeutendsten Preis der Schwedischen Akademie für seine einfühlsame Interpretation überreicht. 1860 erhielt er für seine großen Leistungen den Carl Johans Pris, den ebenfalls die Svenska Akademien vergab und sowohl 1865 als auch 1871 erhält Carl Anders Kullberg den Letterstedtska Priset der schwedischen Vetenskapsakademien überreicht.

Auch wenn Carl Anders Kullberg in dieser Epoche zahlreiche Preise sammeln konnte, so drückten seine Übertragungen der Texte mehr eine korrekte Fleißarbeit als ein hohes literarisches Vermögen aus, denn die Übersetzungen wirken akademisch steif und sind daher kaum dafür geeignet ein breites Publikum anzusprechen. Bereits zu Lebenszeit wurde daher auch, außerhalb der Svenska Akademien, seine größte Schwäche kritisiert, die die singende italienische Lyrik zu einem steifen schwedischen poetischen Werk machte. Aber erst lange nach seinem Tode wurde diese Meinung auch offiziell übernommen, nicht zuletzt auch deswegen, weil zu jener Zeit nur wenige an der Unfehlbarkeit der Svenska Akademien zweifeln wollten. Carl Anders Kullberg konnte sich keiner modernen schwedischen Sprache anpassen, sondern er sah Literatur immer eingebettet in eine bereits damals überholte erstrebenswerte Klassik in der Gefühle nur zweitrangig sind.

Einige Persönlichkeiten, die Carl Anders Kullberg kannten, bezeichneten ihn als warmherzigen Menschen, aber sie waren sich auch einig darüber, dass er sehr schnell aufbrausend sein konnte und eine Art hatte, die von einer Überheblichkeit zeugte, eine Eigenschaft, die verhinderten, dass er je ein Meisterwerk schrieb. Da Kullberg nur ein einziges wirklich eigenes Werk vorlegte, kann man davon ausgehen, dass er nur dank der Svenska Akademien in die schwedische Literaturgeschichte einging.

Carl Anders Kullberg wurde 1877 die Ehrendoktorwürde der Universität Uppsala verliehen. Der Autor hatte zeit seines Lebens nie ein festes Verhältnis zu einer Frau und war nie verheiratet.

Copyright: Herbert Kårlin

21 oktober 2012

Nils Ferlin, der Bohemien unter den schwedischen Dichtern

Nils Ferlin wurde am 11. Dezember 1898 als zweiter Sohne des Radaktionssekretärs Johan Albert Ferlin und Elin Nathalia Ferlin in Karlstad geboren und starb am 21. Oktober 1961 im Samariterheim in Uppsala im Alter von 62 Jahren.

Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte Nils Ferlin in Wohlstand in Karlstad, wobei er von den Eltern selbst auf eine Privatschule geschickt wurde, was ihm eine unbeschwerte Schulzeit garantierte, zumindest bis der Vater eine Arbeit als Chefredakteur in der neu gegründeten Zeitung Bergslagen in Filipstad annahm, denn dies bedeutete einen Umzug in eine neue Gegend.


Bereits nach einem halben Jahr hatte sich der Vater jedoch mit dem Eigentümer der Zeitung zerstritten und verließ die Redaktion. Arbeitslos und mit dem Bestreben seiner Familie ein Leben über dem Durchschnitt zu bieten, versuchte er wieder in Karlstad Fuß zu fassen. Wenig später wurde er tot aus dem Klarälven gefischt. Die Mutter blieb nach diesem Vorfall mit ihren drei Kindern in Filipstad wo Nils Ferlin im Frühjahr 1914 die Realschule mit Erfolg abschloss.

Da Nils Ferlin bis dahin nur das oberflächliche Leben mit genügend Geld kannte, kam das Berufsleben für ihn wie ein Schock. Er versuchte sich in mehreren kleineren Jobs bis ihm ein Onkel im Jahre 1915 einen Ausbildungsplatz auf einem Segelschulschiff in Stockholm vermittelte. Nils schloss die Ausbildung mit Erfolg ab, kam jedoch mit dem wahren Seeleben weitaus weniger zurecht als der Ausbildung. Bereits seinen ersten Vertrag brach er vorzeitig und schloss damit sein Leben als Seemann ab.

Ab 1918 versuchte sich Nils Ferlin dann als Unterhalter in den Kreisen, die er am besten kannte, unter der Schicht der Bohemien. Da seine Mutter bereits 1916 ebenfalls nach Stockholm gezogen war, hatte er ein Zuhause zu dem er auch nach ausschweifenden Festen zurückkehren konnte und regelmäßiges Einkommen war daher auch nicht nötig. Nach seiner Wehrpflicht im Jahre 1920 besuchte Nils Ferlin dann die Theaterschule von Elin Svensson in Stockholm und begann auch in einigen Revuen zu spielen und Schlagertexte zu schreiben, was er, nach eigenen Aussagen, später in seinem Leben bereute.

Ende der 20er Jahre begann Nils Ferlin dann Gedichte zu schreiben, die unter dem Titel En döddansares visor im Jahre 1930 bei Bonniers erschienen und mit einem gewissen Erfolg verkauft wurden, was auch bedeutete, dass Bonniers 1933 dann bereits seinen nächsten Gedichtband Barfotabarn veröffentlichte, eine Sammlung, die zwischen Volkslied und Poesie einzuordnen ist.

Da Nils Ferlin nach wie vor ein sehr unstetes Leben führte, traf ihn der Tod seiner Mutter im Dezember 1936 sehr hart, aber er musste sich dennoch nicht selbst versorgen, denn seine beiden Geschwister mit Familie kümmerten sich weiterhin um den Dichter ohne je eine Forderung an ihn zu stellen.

Ende der 30er Jahre ging es mit Nils Ferlin aufwärts, denn er erhielt ein Stipendium von Bonniers, das ihn für mehrere Monate unabhängig machte und er verkaufte gleichzeitig mehrere Lieder für Hörspiele. Noch 1938 kam daher sein nächster Gedichtband auf den Markt und war ein Erfolg, denn Goggles wurde innerhalb einer Woche 2200 mal verkauft, was für einen Gedichtband einem Bestseller entsprach.

Im gleichen Jahr traf Nils Ferlin dann seine spätere Frau Henny Lönnqvist, was die ersten Jahr über jedoch ein schwieriges Verhältnis wurde, da Henny Lönnqvist in Helsingfors (Helsinki) lebte und der Zweite Weltkrieg über lange Zeit hinweg nur den Briefwechsel ermöglichte. Als Henny Lönnquist den Poeten 1944 in Stockholm besuchte, entschieden sich die beiden unmittelbar zu verloben und heirateten ein Jahr später. Seine Frau brachte eine gewisse Stabilität in das Leben des Autors und er begann regelmäßig an Gedichten zu arbeiten und die beiden kauften ein günstiges Haus.

Ab dieser Zeit kommt es bei Nils Ferlin jedoch immer häufiger zu Depressionen und sein Rheumatismus, den er bereits seit frühen Jahren hatte, verursacht ihm immer größere Probleme. Nach einem weiteren Gedichtband und dem 50. Geburtstag des Poeten macht das Ehepaar eine längere Reise durch Europa und besuchen Tunesien.

Nach der Rückkehr erhielt Nils Ferlin im Jahre 1950 den Literaturpreis des Samfundet De nio, ein Jahr später erscheint der Gedichtband Kejsarens papegoja und erreicht die Auflage von 22.000 Exemplaren, was die Geldprobleme endgültig als Vergangenheit abstempelt. 1955 erhielt er dann den Bellmanspriset der Svenska Akademien, die höchste Auszeichnung, die ein Dichter in Schweden erhalten kann. Anschließend erlebt er nur noch die Veröffentlichung eines einzigen Gedichtbands: Från mitt ekorrhjul. Wenig später ist Nils Ferlin noch der erste Autor Schwedens, der das Frödingstipendiet erhält.

Das letzte Jahr verbringt der Dichter dann erst im Mörby Lazarett, anschließend im Samariterheim in Uppsala, wo er zusätzlich einen Schlaganfall erleidet. Sein Zustand wird rapide schlechter und am 21. Oktober 1961 stirbt Nils Ferlin. 1962 veröffentlichte  Henny Lönnquist posthum eine letzte Gedichtsammlung des Poeten.

Copyright: Herbert Kårlin

20 oktober 2012

Liza Marklund zwischen Politik und Kriminalroman

Liza Marklund (Eva Elisabeth Marklund) wurde am 9. September 1962 in Pålmark bei Piteå als Tochter von Nils Gustaf Gerhard Marklund und Eva Ingegerd Marklund geboren. Sie hat drei Kinder, zwei davon mit ihrem Ehemann, und lebt abwechselnd in Stockholm und in Südspanien. Liza Marklund arbeitet regelmäßig für die Abendzeitung Expressen, ist Mitgründerin des Piratförlaget, der auch ihre Bücher veröffentlicht, und UNICEF-Botschafterin.

Liza Marklund hatte nach der Hochschulreife wenig Lust auf ein Studium und da sie nicht wusste, was sie in Zukunft machen sollte, arbeitete sie erst einmal als Croupier in Piteå, dann als Bedienung in London, ging in ein Kibbutz in Israel und landete als Telefonverkäuferin in Hollywood. Zurück in Schweden machte sie dann eine Ausbildung als Journalistin an der Volkshochschule in Kalix, was ihr eine erste Anstellung als Journalistin im Norrbottens-Kuriren brachte.


Bald wechselte Liza Marklund als Journalistin zum Norrländska Socialdemokraten, den sie als Sprungbrett nahm um 1986 beim Aftonbladet in Stockholm zu arbeiten und später zum Expressen zu wechseln, wo sie heute noch Chroniken schreibt. Anschließend war sie Mitgründerin der kostenlosen Zeitung Metro, wurde Chefredakteurin für Metro Weekend und begann vor allem für den Fernsehkanal TV4 zu arbeiten. Es dauerte allerdings Jahre bis sie feststellte, dass Frauen- und Kinderprobleme in der Presse kaum Aufmerksamkeit erregen und oft in den Schubladen landen. Dies führte Liza Marklund dazu an Bücher zu denken in denen sie die Themen, die ihr am Herzen lagen, besser behandeln konnte.

Ihr erstes Buch veröffentlichte Liza Marklund dann im Jahre 1995, wobei sie in Gömda eine Mischung zwischen Reportage, Sachbuch und Roman bot. Das Buch schlug wie eine Bombe ein, zumal es als Tatsachenroman vermarktet wurde, was er nicht unbedingt war, da lediglich die Geschichte auf Tatsachen aufbaute, aber Orte, Handlungen und anderes von Liza Marklund frei erfunden war. Nach einer heftigen Diskussion im Jahre 2008 nahmen dann die Schriftstellerin und der Verlag Abstand von der Behauptung, dass es sich um eine „wahre Geschichte“ handelte.

Bereits 1998 erschien dann Liza Marklunds erster Krimanlroman mit dem Titel Sprängaren, bei dem die Autorin nicht nur die Journalistin Annika Bengtzon als Hauptfigur einführte, sondern dem schwedischen Kriminalroman eine völlig neue Richtung gab, die mittlerweile von zahlreichen schwedischen Autoren übernommen wurde. Liza Marklund ließ eine Frau die Fälle lösen und keinen Mann und sie brach das Schema indem sie die Handlung nicht nur um einen Kriminalfall kreisen ließ, sondern andere gesellschaftliche Themen zur Sprache brachte, die man früher nicht in Krimis finden konnte. Das Buch entwickelte sich in kürzester Zeit zum Bestseller des Jahrzehnts und brachte Liza Marklund zahlreiche begehrte Preise.

Mittlerweile erschienen neun Romane mit der Hauptfigur Annika Bengtzon, die in 30 Sprachen übersetzt wurden und insgesamt wurden bereits über neun Millionen Exemplare verkauft, wobei es Liza Marklund mit dieser Serie nicht nur gelungen ist die weltweit bekannteste schwedische Autorin von Kriminalromanen zu werden, sonder ihr gelang es auch in die Bestsellerliste der New York Times zu gelangen, was bisher nur einem einzigen anderen schwedischen Autor gelungen war. Der Name Annika Bengtzon war indes keine pure Erfindung der Autorin, sondern sie selbst ist Journalistin, ihre älteste Tochter heißt Annika und einer ihrer Chefs beim Expressen hieß Bengtzon.

Der Erfolg von Liza Marklund ist natürlich nicht nur in ihren Leistungen als Autorin und den sozialkritischen Themen, die sie in Büchern, Presse und anderen Media verbreitet, zu verdanken, sondern auch darin zu suchen, dass Liza Marklund ein wirtschaftliches Gespür hat, denn man darf nicht vergessen, dass das erste Buch, das im von ihr mitgegründeten Piratförlaget erschien, das Buch Gömda in Taschenbuchform war, dass sie weiß wann sie mit welchen Themen in den Media auftreten muss und auch auch nicht davor zurückschreckt Grenzen zu überschreiten wenn sie damit Aufmerksamkeit erregen kann.

Dies zeigt sich auch, auf positive Weise,in Liza Marklunds Engagmeent als UNICEF-Botschafter, denn bei den Reisen, die die für die Organisation unternahm, entstanden einige sehr zeitkritische Artikel, wenn auch auf Sensation aufgebaut, und sie realisierte dabei eine Dokumentationsserie für TV4 über Kinder, die in Russland und Kambodscha mit HIV und Aids leben.

Copyright: Herbert Kårlin

19 oktober 2012

Alf Åberg, ein Leben für die Geschichte Schwedens

Alf Åberg wurde am 14. Juni 1916 in Helsingborg geboren und starb am 19. Oktober 2011 in Stockholm im Alter von 95 Jahren.

Seine Jugend verbrachte Alf Åberg in seinem Heimatort Helsingborg, wo er auch die Hochschulreife erlangte. Anschließend studierte er in Lund schwedische Geschichte, wobei er sich insbesondere auf die Militärgeschichte festlegte. 1947 schloss er seine Studien mit einem Dr. phil. ab. Åberg arbeitete von 1953 bis 1982 im Kriegsarchiv der schwedischen Verteidigung und wurde 1989 in die schöngeistige Literaturakademie gewählt.


Alf Åberg begann bereits in den 40er Jahren über geschichtliche Themen in der Presse zu schreiben und begann ab 1950 in einem erstaunlichen Rhythmus Bücher zu den gleichen Themen zu veröffentlichen. Insgesamt erschienen innerhalb von nur 50 Jahren über 60 teilweise sehr umfangreiche Bücher von Åberg. Es gibt kaum ein wichtiges geschichtliches Thema, das Alf Åberg nicht bearbeitete, denn Biographien waren für ihn ebenso wichtig wie die Geschichte der Auswanderer, der Wegelagerer, der Piraten oder die historische Entwicklung Skånes.

Auch wenn es um jene Zeit sehr viele wissenschaftliche Autoren gab, die geschichtliche Themen behandelten, so war Alf Åberg der erste, der Geschichte literarisch und allgemeinverständlich behandelte und damit einen wichtigen Beitrag zur populärwissenschaftlichen Literatur Schwedens beitrug.

Da Alf Åberg der wichtigste Archivar des Kriegsarchivs war, saß er natürlich an der Quelle des geschichtlichen Wissens. Der Vorteil war daher, dass er an das gesamte geschichtliche Material ohne Probleme herankam, aber der Nachteil war gleichzeitig, dass sich der Schriftsteller blind auf offizielle Dokumente verließ und daher die geschichtliche Entwicklung Schwedens nur von der offiziellen Seite aus betrachte, also auch geschichtliche Verfälschungen der Machthaber als Tatsachen nahm, was allerdings die übliche Einstellung bis zu den 60er Jahren war und auch heute noch grossteils der Fall ist.

Ein besonderes Interesse zeigte Alf Åberg für Skåne und insbesondere Helsingborg, was sich auch in seinen Büchern När Skåne blev svenskt (1958), Kampen om Skåne under försvenskningstiden (1995) und Skånes historia (1997) sehr deutlich ausdrückt. Wer sich daher für die Geschichte Skånes interessiert, kommt an den sehr umfangreichen Werken Åbergs nicht vorbei. Åberg wird in Helsingborg noch heute nahezu als Lokalautor betrachtet, obwohl er auch einige Bücher über die irische und die schottische Geschichte schrieb.

Nach einem Schlaganfall im Jahre 2001 schrieb Alf Åberg keinerlei Artikel und keine Bücher mehr, auch wenn er nach wie vor in der Lage war dem Tagesgeschehen und den aktuell-geschichtlichen Ereignissen ohne Probleme zu folgen. 

Alf Åberg wirkte in zahlreichen populärhistorischen Sendungen in Radio und Fernsehen mit, lange bevor Herman Lindqvist oder Dick Harrison dann diese Stelle einnahmen.

Copyright: Herbert Kårlin

18 oktober 2012

Carl Fredrik Ridderstad und der schwedische Feuilletonroman

Carl Fredrik Ridderstad wurde am 18. Oktober 1807 als Sohn des Hofstallmeisters Carl Fredrik Ridderstad und Märta Charlotta Hedvig Wallenstråle auf Rådmansö geboren und starb am 12. August 1886 in Linköping. Auch wenn Ridderstad im Jahre 1821 eine militärische Karriere begann, so war er bereits ab 1830 mehr an Journalismus interessiert als an seinem Beruf und arbeitete in seiner Freizeit als freier Mitarbeiter beim Aftonbladet. Am 26. Mai 1840 gab er dann den Militärdienst auf um sich ganz dem Schreiben zu widmen.

Zur selben Epoche als Carl Fredrik Ridderstad für das Aftonbladet zu arbeiten begann, begann er auch Poesie zu schreiben. Zsein erster Gedichtsband Band Tids-Runor erschien 1831. Ridderstad zeichnete damals jedoch nur unter der Signatur Rdd, unter der er auch Novellen für Kalender schrieb.

Bild: Nordisk familjebok, 1916

Ridderstad war überzeugt, dass sich die Gesellschaft im Wandeln war und neigte daher zu neuen Idee, die er auch in seinen Werken zum Ausdruck brachte. Diese Idee baute auf die Julirevolution des Jahres 1830 in Frankreich, dem Land, für das er sich, außer für Schweden, am meisten interessierte und dessen politische und literarische Entwicklung er folgte..

Nach dem freiwilligen Ende seiner militärischen Karriere lancierte sich Carl Fredrik Ridderstad in das Pressegeschehen und gründete in Norrtälje die Tidning för Stockholms län, zog jedoch noch im gleichen Jahr nach Linköping, wo er Mitherausgeber des Östgöta Correspondenten wurde, einer Zeitung, die er 1843 ganz übernahm und damit die vermutlich erste völlig unabhängige schwedische Zeitung herausbrachte, die den Aufbruch in eine neue Welt propagierte und sich allen neuen Ideen der Epoche öffnete.

Ab 1844 versuchte Carl Fredrik Ridderstad, der als Adeliger auch Mitglied des Parlaments war, seine Meinung auch in den Reichstagen durchzusetzen, was ihn den Bürgern näher stellte als dem Adel, der die herkömmliche Situation der Standesunterschiede aufrecht halten wollte. Diese progressive Einstellung verlor Ridderstad allerdings gegen Ende seines Lebens wieder. Vom Freidenker wurde letztendlich ein extrem konservativer Schriftsteller, Journalist und Politiker.

Carl Fredrik Ridderstad veröffentlichte während seiner Tätigkeit als Zeitungsherausgeber und Journalist weiterhin regelmäßig Gedichtbände und versuchte sich auch an dramatischen Werken zu geschichtlichen Themen, die, außer dem Stück Drottning Kristina i Italien, auch mit mittlerem Erfolg aufgeführt wurden, andererseits jedoch nicht seine wahre Stärke waren.

Den größten Erfolg errang Carl Fredrik Ridderstad erst als 1848 sein Roman Svarta Handen erschien in dem Axel von Fersen der Jüngere die Hauptfigur spielte. Es folgten, mit gleichem Erfolg, weitere Romane des Schriftstellers, die alle in die schwedische Geschichte eingebettet waren und daher als die Vorläufer der historischen Romane betrachtet werden können. All diese Werke kamen nicht nur in Schweden an, sondern wurden auch ins Deutsche übersetzt, wo die Verkaufszahlen teilweise sogar über jenen Schwedens lagen.

Nahezu revolutionär war dann jedoch der dreibändige Roman Samvetet eller Stockholmsmysterier mit dem er den Feuilletonroman in Schweden einführte. Für die einen war diese Art des Romans völlig neu, die anderen erkannten sofort, dass Ridderstad hier den modernen französischen Roman ins Land brachte, dem vielleicht die offizielle literarische Tiefe fehlte, jedoch leicht lesbar war und eine sehr breite Leserschicht ansprach.

Auch wenn Carl Fredrik Ridderstad mit Samvetet eller Stockholmsmysterier die schwedische Literaturgeschichte deutlich prägte, so muss man dabei berücksichtigen, dass Ridderstad die Werke und den Erfolg Eugène Sues kannte, der acht Jahre früher Les Mystères de Paris veröffentlicht hatte. Die Leistung des schwedischen Schriftstellers lag daher nicht in der Idee, sondern vielmehr darin, dass er die Handlung seines Buches von Paris nach Stockholm verlegte und Charaktere Stockholms handeln ließ.

Trotz seiner bedeutenden Rolle in der schwedischen Literaturgeschichte ist Carl Fredrik Ridderstad heute nahezu unbekannt und seine Werke sind schon seit Jahrzehnten nur noch antiquarisch zu erhalten.

Copyright: Herbert Kårlin

17 oktober 2012

Ester Lindin und der vergessene Bestseller

Ester Lindin wurde am 8. November 1890 in Östergötland geboren und starb am 17. Oktober 1991 in Norrköping, wo sie nach ihrem Lehrerexamen, das sie in Landskrona ablegte, bis zur Pensionierung als Lehrerin arbeitete.

Ester Lindin begann ihre literarische Karriere sehr spät, denn erst als sie 50 war, erschien ihr erstes Buch Tänk, om jag gifter mig med prästen, das nahezu wie eine Bombe einschlug, denn Ester griff zwei heiße Themen gleichzeitig an, die beide als Tabu galten. Die Schriftstellerin propagierte nicht nur im Jahre 1940 die freie Liebe, sondern Eva Örn, die Hauptfigur des Romans, bekommt mit einem Priester ein uneheliches Kind. Im Laufe der Erzählung zeigt die Autorin die Doppelmoral der Gesellschaft in der nicht nur die Hauptfigur, sondern vor allem das Kind zum Opfer der Gesellschaft wird.


Das Buch Tänk, om jag gifter mig med prästen wird in kürzester Zeit in einer Spitzenauflage von 48.000 Exemplaren verkauft und bereits ein Jahr später als Film verarbeitet. Eine vollkommen unbekannte Autorin wird unmittelbar in mehrere Sprachen übersetzt und noch 1957 bringt die Büchergilde Gutenberg das Buch unter dem Titel „Eva: Oder Das Große Ärgernis“ auf den Markt.

Die Reaktion auf das Buch ist sehr unterschiedlich, denn während Ester Lindin dafür den ersten Preis für den besten Roman erhält, der das Leben einer berufstätigen Frau beschreibt und die Leser das Werk verschlingen, greifen literaturwissenschaftliche Kritiker das Werk an, weil ihm psychologische Reife fehlt, weil es unlogisch sei und selbst die Umgebungen in der die Handlung spielt, sei erfunden. Mit diesen Aussagen verschließen sie Ester Lindin den Zugang zur akademischen Literatur, auch wenn sie es nicht wagen das Werk als Schund zu bezeichnen.

Ester Lindin lässt sich von der elitären Schicht Schwedens nicht abhalten weiter zu schreiben und bereits ein Jahr später erschient Det är inte lätt att vara barn, wo sie die Situation von Kindern in der Schule und zu Hause angreift, und 1946 der Roman Tre blommiga täcken, ein Buch, das sich als Satire mit der Mittelklasse auseinandersetzt, die sich durch Statussymbole von der Unterklasse unterscheiden will, aber dennoch nicht an die Oberklasse heranreicht.

Auch wenn keines der späteren Werke von Ester Lindin von Inhalt und Verkaufsziffern an ihr erstes Buch herankommt, so veränderte bereits dieses erste Werk die Denkweise vieler Schweden, nicht zuletzt auch durch die Verfilmung, die Viveca Lindfors in der Hauptrolle als Schauspielerin den Durchbruch brachte.

In diesem Zusammenhang muss man man sehen, dass der Film etwa gleichzeitig mit „Vom Winde verweht“ in die schwedischen Kinos kam und beide parallel zu den meist besuchten Filmen des Jahres wurden, da die Kritiker die Parallelen zwischen den beiden Geschichten aufzeigten.

Ester Lindin ist noch heute eine Kultfigur in Norrköping, wird aber innerhalb der Literaturgeschichte Schwedens kaum erwähnt obwohl sie eine sehr wichtige Rolle innerhalb der Frauenliteratur des Landes spielt.

Copyright: Herbert Kårlin

16 oktober 2012

Bunny Ragnerstam, Gesellschaftskritik im Kriminalroman

Bunny Ragnerstam wurde am 16. Oktober 1944 in Eskilstuna geboren, wuchs jedoch in Främby bei Falun auf, wo seine Mutter als Fabrikarbeiterin beschäftigt war. Da die Mutter geschieden war und der Vater sich nicht um die Familie kümmerte, zog sie ihre drei Söhne allein auf.

In seiner Jugend hatte Bunny Ragnarstam vor allem zwei Interessen, nämlich Fußball und Lesen. Nach dem Abschluss der Realschule arbeitete Bunny ebenfalls in den Fabriken in Falun und spielte weiter Fußball in der Mannschaft der Stadt. Anfang der 60er Jahre bestimmte er sich jedoch auf Schreiben umzusteigen, was in seinem Fall im Jahre 1962 zum Falukuriren führte, wo er, auf Grund seiner sportlichen Aktivität, als Sportjournalist beschäftigt wurde. Als er zum Flussballmannschaft nach Kristianstad wechselte, begann er 1965 für das Kristinabladet ebenfalls als Sportjournalist zu arbeiten bis er 1970 in die Lokalredaktion von Arbetet wechselte, wo er auch andere journalistische Aktivitäten übernahm. Ab 1975 entschied sich Bunny Ragnarstam ganz der Schriftstellerei zu widmen, nachdem mittlerweile auch sein dritter Roman erschienen war, ein Kriminalroman und zwei historische Romane über die Situation der Arbeiter Ende des 19. Jahrhunderts in Kristianstad.


Bunny Ragnerstam begann seine literarische Karriere im Jahr 1972 mit dem Kriminalroman Brottet som kom bort, ein Krimi, der im Grunde um Macht und Demokratie handelt und als der erste Arbeiterkrimi Schwedens bezeichnet werden kann. Als ein Journalist einen Einbruch in einem Industriegebäude aufklären will, erfährt er die Grenzen des freien Wortes, denn die Wahrheit wird von jenen, die die Macht im Ort haben unterdrückt und Lüge wird als Wahrheit verkauft um die Industrie zu stützen.

Auch wenn dieser Kriminalroman einen gewissen Erfolg hat, schreibt Bunny Ragnerstam erst 2004 mit Mord, min själ seinen nächsten gesellschaftskritischen Kriminalroman bei dem der Journalist jedoch vom Polizisten Verner abgelöst wird. Im Jahre 2011 folgt dann Mord mördare mördast, der die Korruption innerhalb der Buchbranche als Hintergrund hat.

Seinen wahren Durchbruch hatte Bunny Ragnerstam allerdings 1974 mit Innan dagen gryr, dem ersten von vier historischen Romanen, die das Arbeitermilieu in Kristianstad gegen 1880 als Handlung haben. Ragnarstam baut die Handlung auf tatsächliche Geschehnisse auf und zeigt den Kampf der Arbeiter für ein besseres Leben. Auf der Suche nach Material stellt der Schriftsteller fest, dass die Geschichte der schwedischen Arbeiterbewegung nie von Seiten der Arbeitern beschrieben wurde, sondern von der Warte jener, die entscheiden. Bunny Ragnerstam versuchte nun die andere Seite zu zeigen, was ihm nicht nur sehr gute Kritiken brachte, sondern ihm auch eine große Leserschicht bringt und dazu führt, dass die Fernsehanstalt SVT die Handlung im Jahre 1988 unter dem Titel Kråsnålen als Serie verfilmt.

Auch die folgenden Romane Bunny Ragnerstams bleiben im Arbeitermilieu, wobei er in seinen historischen Romanen nicht nur die Fakten sprechen lässt, sondern die Meinungen seiner Umgebung zu Worte kommen lässt, denn gerade in den Fußballkreisen in denen der Autor nach wie vor verkehrt, trifft er die Arbeiterschicht, deren Eltern den Umbruch, der ihn am meisten interessiert, erlebt haben. Auf diese Weise werden die Handlungen und das Leben als Arbeiter in einem Eisenwerk lebendig.

In den 70er und 80er Jahren wird Bunny Ragnerstam nahezu mit Preisen überhäuft, die jedoch nahezu ausschließlich vom linken Organisationen, Zeitschriften oder dem Gewerkschaftsverband kommen, einem Kreis, der auch seine Leser anspricht. Trotz seines Fernseherfolgs und seiner sachlichen Beschreibungen wird der Schriftsteller von der Bürgerschicht noch heute mehrheitlich abgelehnt.

Bunny Ragnerstam baut mit all seinen Werken, auch den Kriminalromanen, eine industrielle Geschichte Schwedens der letzten 150 Jahre auf, die in gewisser Weise mit der universitären Betrachtung der Situation der Arbeiter bricht, denn den Autor interessieren nicht die Verkaufszahlen und Erfolge der Unternehmen, die die obere Schicht der Gesellschaft bereicherte, sondern die Situation jener, die diese Leistungen mit ihren Händen bringen, aber in der Geschichtsschreibung kaum genannt werden. Und dennoch benutzt der Autor die gleichen Quellen, nur dass er sie auf eine andere Weise liest.

Copyright: Herbert Kårlin

15 oktober 2012

Johan Olof Wallin, von Gedichten zu Psalmen

Johan Olof Wallin wurde am 15. Oktober 1779 als Sohn des Feldwebels im Dalaregiment Johan Abraham Wallin und Beata Charlotta Harkman in der Nähe von Stora Tuna in Dalarna geboren und starb am 30. Juni 1839 bei einem Besuch in Uppsala, wohin er wenig später als Erzbischof ziehen sollte. Seit 1810 war Wallin mit Anna Maria Dimander verheiratet, wobei jedoch aus der Ehe keine Kinder hervorgingen.

Seine Ausbildung erlangte Johan Olof Wallin erst in der Hauptschule in Falun, dann am Gymnasium in Västerås und schließlich an der Universität Uppsala. Seine Studien unterbrach Wallin jedoch immer wieder, weil er aus finanziellen Gründen jüngeren Schülern Nachhilfe erteilen musste, was ihn jedoch nicht davon abhielt dennoch mit ausgezeichneten Noten an der Universität zugelassen zu werden. Sein Philosophiestudium schloss Johan Olof Wallin im Jahr 1803 ab, jedoch nur um sich auf die Priesterweihe vorzubereiten, die dann drei Jahre später erfolgte. Sein Talent als Prediger brachte ihm einen schnellen Aufstieg, denn bereits 1809 wurde er Schlosspriester in Karlberg, dann bekam er die Gemeinde Solna und 1812 erlangte er den Doktortitel in Theologie und erhielt die Adolf Fredriks Kirchengemeinde in Stockholm und 1837 wurde er schließlich Erzbischof von Uppsala, nur zwei Jahre bevor er dort starb.


Johan Olof Wallin hatte bereits während seiner Jugend begonnen im klassischen Stil Gedichte zu schreiben, die überwiegend einen erzieherischen Charakter hatten. Als Skalde errang er 1803 erstmals einen Preise der Svenska Akademien für seine Dichtkunst, 1805 wurde er mit drei Preisen der Svenska Akademien belohnt und 1808  erhielt er für Sång i anledning av Gustaf den tredjes ärestods avtäckande mit 200 Dukaten den höchsten Preis, den die Svenska Akademien je verteilte und was ihn als einen absoluten Meister der Dichtkunst auszeichnete. Die Gedichte, die Johan Olof Wallin zwischen 1794 und 1809 schrieb erschienen beim Buchverlag Bonniers zwischen 1955 und 1967 als vierbändiges Werk und zeigen wie der Autor vom herkömmlichen klassischen Gedicht zu einer eigenen Richtung findet. 1810 wurde Wallin dann auf den Stuhl Nummer 1 der Svenska Akademien gewählt.

Diese hohe Ehre und die Anerkennung seiner Dichtkunst, führten dazu, dass Johan Olof Wallin gebeten wurde in einem Komitee mitzuarbeiten, das ein neues, modernes Psalmbuch vorlegen sollte. Vom Skalden wurde Wallin in kürzester Zeit zu einem Meister der Psalmdichtung. Als das Komitee 1814 einen ersten Vorschlag für das neue Werk vorgelegt hatte, zeigte sich Wallin unzufrieden und schrieb ein neues Psalmbuch in dem er 128 Psalmen selbst verfasste und die anderen bedeutend umarbeitete. Der König akzeptierte im Jahre 1819 dieses neue Werk in unveränderter Form. Von diesem Zeitpunkt an blieb Johan Olof Wallin den Psalmen treu, da er hierbei eine ideale Ausdrucksweise gefunden hatte, denn man konnte die reine Poesie mit Musik verbinden und dabei eine ideale Einheit schaffen.

Auch wenn heute Johan Olof Wallin vor allem als der bedeutendste Verfasser von Psalmen bekannt ist, so galt er zu seiner Zeit als Priester und Bischof auch als bedeutender Redner, der seine Meinung klar und verständlich ausdrücken konnte. Im humanistischen Gedanken legte er allerdings in allen seinen Werken einen großen Wert auf Erziehung, die er für den Pfeiler der Gesellschaft hielt. Ab 1825 wurde er in mehreren Ausschüssen zu Erziehungsfragen aktiv, wobei er, vor allem zu Beginn seiner Arbeit, eine extrem konservative Haltung einnahm. Durch den Einsatz von Wallin, der sich jeder freikirchlichen Bewegung entgegenstellte und eine edle und königstreue Gesellschaft vorstellte, wurden mehrere Schulen in Schweden gegründet, darunter die Wallinska Flickskolan im Jahre 1831, die 1874 zum ersten Mädchengymnasium Schwedens wurde.

Johan Olof Wallin veröffentlichte während der letzten zehn Jahre seines Lebens auch mehrere andere Bücher zu geschichtlichen Themen der Zeit und insbesondere eine Art Lehrbuch, das Jugendlichen die guten Sitten näher bringen sollte, Werke, die zu jener Zeit eine maßgebliche Bedeutung hatten und als richtungsweisend betrachtet werden müssen.

Die Bedeutung des Autors kann man auch daran erkennen, dass nach seinem Tod zwei Bände mit einigen der wichtigsten seiner Predigten veröffentlicht wurde, da man der Meinung war, dass das Gedankengut von Johan Olof Wallin weiterleben sollte.

Innerhalb der schwedischen Literatur nimmt Wallin eine gewisse Zwischenstellung ein, da er nicht mehr in der Tradition der rein religiösen Schriftsteller gesehen werden kann, sondern bereits die neuen Wege einschlug, die von den Schriftstellern und Poeten des 19. Jahrhunderts gewählt wurden.

Copyright: Herbert Kårlin

14 oktober 2012

Hjalmar Söderberg und die schwedische Doppelmoral

Hjalmar Söderberg wurde am 2. Juli 1869 als Sohn des Buchhalters Fredrik Söderberg und Emilia Brander im Stockholmer Stadtteil Östermalm geboren und starb am 14. Oktober 1941 unter der Okkupation in Kopenhagen, wo er seit 1917 mit seiner zweiten Frau, Emelie Voss, lebte.

Seine Schulzeit beschreibt Hjalmar Söderberg als eine einzige Verfolgung durch Mitschüler, wobei er als Erwachsener dann jedoch einige unter ihnen als Freunde entdeckte. Sein Studium an der Universität Stockholm im Herbst 1890 dauerte nur wenige Monate und unterbrach kaum seine Arbeit beim Zollamt. 1891 arbeitete Söderberg für ein Jahr als Kulturjournalist in Kristianstad. Anschließend kehrte er nach Stockholm zurück um für Dagens Nyheter, Svenska Dagbladet und Ord & Bild zu schreiben, wobei er sich vor allem als Kritiker einen Namen machte.


Als Hjalmar Söderberg dann im Jahre 1895 seinen ersten Roman Förvillelser veröffentlichte, hatte er bereits einen breiten Leserkreis, überrasche jedoch Kritiker und Leser mit einem Buch, das geradezu als unmoralisch angesehen wurde, obwohl es nur eines der Bilder der damaligen Gesellschaft spiegelte. Die Hauptfigur, der Medizinstudent Tomas Weber, bekommt mit einem Mädchen der Oberschicht ein Kind, während er gleichzeitig mit einer Verkäuferin ein Verhältnis hat. Der Durchbruch als Schriftsteller kam, vielleicht gerade wegen dem Skandal, unmittelbar.

Die folgenden Bücher, insbesondere die Novellensammlung Historietter, schließen an den ersten Erfolg an, auch wenn sich Hjalmar Söderberg hier mit der Beschreibung der schwedischen Doppelmoral etwas zurückhält. Sein bedeutendstes Werk erscheint dann im Jahre 1905, ein Buch, das noch heute in literarischen Kreisen Schwedens eine wichtige Rolle spielt. Mit Doktor Glas schreibt Söderberg einen Tagebuchroman und benutzt damit einen Stil, den später viele von Autoren ihm übernommen haben.

In Doktor Glas tötet die Ich-Person, der Doktor, Pfarrer Gregorius, eine Person, die Doktor Glas als unmoralisch betrachtet. Im Laufe des Romans stellt sich immer wieder die Frage, ob es ein Recht zum Mord gibt, wobei Gregorius fast zu einer Nebenfigur wird. Das Mordmotiv gibt jedoch dem Leser zu denken, denn Doktor Glas will die Frau des Pfarrers von den moralischen ehelichen Pflichten befreien, damit sie mit ihrem Geliebten glücklich werden kann.

Im Jahre 1906 erscheint dann das sehr häufig gespielte Drama Gertrud bei dem sich Hjalmar Söderberg als hervorragender Dramatiker zeigt. Auch hier spielen die moralischen Fragen eine wichtige Rolle, denn die willensstarke Hauptfigur Gertrud verzichtet bewusst auf die halbherzige Liebe ihres Mannes und ihrer beiden Geliebten und zieht die Einsamkeit einer unvollkommenen Liebe vor.

Zwischen 1925 und 1940 arbeitete Hjalmar Söderberg immer wieder für die Göteborgs Handels- och Sjöfarts- Tidning, wo er neben Torgny Segerstedt sehr kritische Artikel gegen das deutsche Nazisystem veröffentlichte, obwohl er im besetzten Kopenhagen mit Folgen rechnen musste, was jedoch ausblieb.

Seine klare Art zu schreiben und das Bild der Doppelmoral verhinderten vermutlich, dass Hjalmar Söderberg in die Svenska Akademien aufgenommen wurde, obwohl er mehrmals vorgeschlagen wurde, denn seine Literatur bewegte sich zu sehr im gelebten Leben und versuchte keine Ideale zu schaffen. Hinzu kam, dass sich so mancher in einer der Figuren Söderbergs wiedererklannte. Auch seine Sprache war klar und einfach gehalten, damit eine möglichst große Schicht in der Lage war seine Bücher zu lesen.

Hjalmar Söderberg gehört zu jenen Autoren, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Hauptwerke schrieben, die bis heute nicht vergessen sind und weiterhin verlegt werden. Sein Leben wurde bisher zweimal verfilmt und unter dem Titel Jag har valt mina ord och menat allvar med dem erstmals 1987 von TV2 übertragen und unter dem Titel Hjärtats oro im Jahre 2002 ebenfalls von TV2. Pernilla August kündigte an, dass sie 2013 das Werk Den allvarsamma leken verfilmen wird.

Als Hjalmar Söderberg am 14. Oktober 1941 in Kopenhagen starb, erhielten seine schwedischen Kinder lediglich für den Tag der Beerdigung am 18. Oktober eine Aufenthaltsgenehmigung in Dänemark.

Copyright: Herbert Kårlin