4 januari 2013

Bengt Lidner, der Skalde, der in Ungnade fiel

Bengt Lidner wurde am 16. März 1757 als Sohn des Organisten Olof Leidner und dessen Frau Elisabet Margareta Boethius in Göteborg geboren und starb am 4. Januar 1793 im Alter von 35 Jahren in Stockholm. Der Vater des Skalden starb als Lidner drei Jahre alt war, seine Mutter mit Vierzehn, ein Verlust, den der Schriftsteller nie überwunden hat.

Bereits in seiner Kindheit hatte Bengt Lidner erst einen strengen Stiefvater, Samuel Aurell, und nach dem Tod der Mutter auch noch eine Stiefmutter, die kaum älter war als er selbst, was zu einem sehr angespannten Verhältnis führte, weswegen ihn der Stiefvater dann nach der Hochschulreife auch nach Lund schickte um dort seine Studien fortzuführen. Der mittelmäßig begabte Lidner hielt jedoch sehr wenig von den Studien und als sein Stiefvater erfuhr, dass er sich unmöglich benahm und häufig betrunken war, zwang er den Stiefsohn zu einer Stelle als Seemann. Auch dies sagte dem jungen Mann wenig zu, so dass er sich bereits in Kapstadt vom Schiff schlich und sich eine Zeit lang in den Bergen Südafrikas aufhielt.


Das Interesse für Poesie kam bei Bengt Lidner bereits aus der Schulzeit in Göteborg, da er dort mehrere Lehrer hatte, die der Dichtung einen hohen Wert gaben und sich wissenschaftlich am Mystiker Emanuel Swedenborg ausrichteten. Im Gymnasium lernte Lidner die Verstechnik zu beherrschen und bereits zwischen 1773 und 1774, also gegen Ende seiner Schulzeit, wurden einige seiner Werke in der Göteborger Zeitung Hwad nytt? Hwad nytt? veröffentlicht. In Lund erschienen dann weitere Werke des Skalden im Lunds veckoblad.

Nach einigen Wochen in Südafrika kehrte Bengt Lidner nach Göteborg zurück, wo er erst die Deutsche Universität besuchte, jedoch bald danach nach Greifswald ging, wo er eine Disputation über die amerikanische Revolution schrieb, die er jedoch aus politischen Gründen weder vorlegen durfte noch veröffentlicht werden konnte. Nach Abstechern nach Stralsund und Rostock kam Lidner 1779 wieder in Stockholm an.

Als Bengt Lidner noch im gleichen Jahr 25 Fabeln veröffentlichte, die er dem einjährigen Kronprinzen widmete, wurde er von der Dagliga allehanda stark kritisiert, da er teilweise andere Autoren plagiatiert hatte, aber er fand Gönner am Hofe, so dass er dort ein gern gesehener Gast wurde und zu hohen Ehren kam. Da sich Lidner jedoch nicht zurückhalten konnte und unwillkommene Epigramme schrieb und bei der oppositionellen Zeitung Sanning och nöje von Josias Carl Cederhielm mitarbeitete, war die Karriere Lidners am Hof bald wieder zu Ende. Immerhin fiel er beim König nicht ganz in Ungnade, sondern wurde nur auf den Kontinent geschickt um dort Theater und Sprachen zu studieren.

Die Reise führte Bengt Lidner zuerst nach Göttingen, wo er sich mit griechischen Klassikern beschäftigen sollte, sich jedoch mehr für die Gegenwartsliteratur von Wolfgang von Goethe, Friedrich Gottlieb Klopstock und Gotthold Ephraim Lessing interessierte, was ihn indirekt auch zu William Shakespeare, Edward Young und John Milton führte. Nach seinem Aufenthalt in Göttingen setzte Lidner seine Reise nach Paris fort, wo er unter der Anleitung von Gustaf Filip Creutz die klassische französische Tragödie und das bürgerliche Drama studieren sollte. Auch wenn Lidner seine Kenntnisse in diesen Bereichen verbesserte, so war ihm nach wie vor jede größere Anstrengung zuwider, denn zum Leben gehörte für ihn das Vergnügen. Als sich der Skalde dann unverfroren selbst Werke von Gustaf Filip Creutz aneignete, so hatte dies zur Folge, dass er von seinem Gönner 1782 nach Schweden zurückgeschickt wurde.

Wieder zurück in Schweden wollte Bengt Lidner als erstes das Trauerspiel Erik XIV. veröffentlichen, das er bereits in Frankreich geschrieben hatte, ein Werk, das von den verschiedensten Eindrücke lebt, die Lidner während seiner Reise aufgenommen hatte und der französischen Tragödie sehr nahe kommt, womit er sich dabei allerdings so weit vom schwedischen traditionellen Stil entfernt hatte, dass es in der Heimat nicht ankam und erst nach seinem Tod gedruckt und vermutlich auch verstanden wurde. 

Da Bengt Lidner nach seiner Rückkehr die Gunst des schwedischen Hofes vollständig verloren hatte, begann er für die oppositionelle Zeitschrift Välsignade tryckfriheten zu arbeiten, wo er Gedichte verschiedener Art veröffentlichte. Gleichzeitig arbeitete er an seiner Oper Medea, die erneut zahlreiche Plagiate aufwies und deswegen von den Theatern Stockholms abgelehnt wurde, auch wenn sich in den Texten von Lidner eine Subtilität zeigt, die belegt, dass er trotz des Teilplagiats ein eigenes Werk geschaffen hat und eine Mischung aus Oper und Tragödie schrieb.

Im Jahre 1787 verließ Bengt Lidner Schweden erneut und zog nach Finnland, wo er sich als Parasit bei Freunden einnistete um sein Meisterwerk Yttersta domen zu vollenden, was ihm zwar 1788 gelang, aber den Skalden überfordert hatte, denn das Werk hat nicht nur Höhen, sondern vor allem auch Tiefen und zeigt nur an gewissen Stellen wozu der Dichter Lidner wirklich in der Lage war.

Im gleichen Jahr als Bengt Lidner Yttersta domen fertigstellt, trifft er Eva Jacquette Hastfer, die sein Frau wird und ihm auch bei allen gesellschaftlichen und finanziellen Problemen treu ergeben ist, ihn zum Schreiben ermuntert und damit dazu beiträgt, dass Lidner tatsächlich herausragende Gedichte der Sturm und Drang Strömung schreibt. Insbesondere zu nennen sind hierbei Jerusalems förstöring und Messias i Getsemane. 1789 zog das Paar Lidner nach Stockholm wo der Skalde von Gelegenheitsgedichten und Almosen lebte. 1792 erhielt Lidner dann von Herzog Karl den Titel eines königlichen Sekretärs, eine letzte Anerkennung für seine Leistungen.

Als Bengt Lidner mit 35 Jahren starb, war er so arm, dass nicht einmal genügend Geld für seine Beerdigung vorhanden war. Dass er dennoch im Adolf Fredriks Friedhof in Stockholm beerdigt wurde, verdankte er Carl Michael Bellman mit dem er die letzten Jahre viel verkehrte und der die Begräbniskosten spontan „einsang“.

Bengt Lidner, dessen gesammelte Werke mehrmals neu aufgelegt wurden, gehört zu jenen sentimentalen Dichtern Schwedens, deren Leistungen und stilistische Feinheiten erst nach dem Tode entdeckt wurden, denn er brachte deutsche, englische und französische Einflüsse nach Schweden, die die Dichter des Landes erst lange nach Lidner sehen konnten und neu entdeckten.

Copyright: Herbert Kårlin

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