5 mars 2013

Katarina Frostenson und die dunkle moderne Lyrik Schwedens

Katarina Frostenson wurde am 5. März 1953 als Tochter eines Agronomen und einer Kuratorin in Hägersten, einem der typischen Vororte Stockholms geboren und ist mit dem Fotografen Jean Claude Arnault verheiratet mit dem sie die Kulturvereinigung Forum in Vasastan betreibt, einem Verein, der heute die Aufgabe der früheren literarischen und kulturellen Salons übernommen hat.

Auch wenn Katarina Frostenson vieles aus dem Leben ihrer Kindheit und ihrer Jugend in ihren Gedichten verarbeitet, so weiß man relativ wenig über die Lyrikerin, Dramaturgin und Schriftstellerin. Frostenson studierte an der Universität Stockholm Literatur, Film- und Theaterwissenschaft, wobei sie nach Abschluss ihres Studiums, Lehrerin war, als Redaktionssektretärin und später als Übersetzerin arbeitete und, unter anderem, Marguerite Duras, Georges Bataille und Henri Michaux ins Schwedische übersetzte.


Ihre literarische Karriere begann für Katarina Frostenson im Jahre 1978 mit dem Gedichtband I mellan, einem Werk, das kaum Aufmerksamkeit erregte und mehr die Suche nach einer neuer Ausdrucksmöglichkeit in der schwedischen Lyrik darstellt als ein bereits ausgereiftes Werk. Im gleichen Jahr erschien auch ihr Essay Raymond Chandler och filmen, eines der wenigen Werke, das über den amerikanischen Autor von Kriminalromane geschrieben wurde, aber ebenfalls nur wenig Beachtung erhielt.

In den Jahren, die Katarina Frostenson zu Beginn der 80er Jahre in Paris verbrachte, entwickelte die Lyrikerin ihren sehr persönlichen und schwer zu fassenden Stil, den sie den Lauten der Großstadt entnimmt in der man Worte sucht, Geräuschen eine Bedeutung gibt und die Leere mit Eindrücken füllt. Frostenson sucht in ihren Gedichten den Worten eine neue Bedeutung zu geben, wobei ihre Schilderungen dabei nahezu düster sind, die die Stadt zu einem Schreckgespenst machen können.

Mit ihrem Buch Stränderna Ende der 80er Jahre greift Katarina Frostenson erstmals zur Prosalyrik, die allerdings weiterhin ihren Kampf mit der Sprache ausdrückt, denn man fühlt, dass sie mit den vorhandenen Worten der schwedischen Sprache nicht auskommt und sie diese ihrem Gefühl anpassen will, was sich vielleicht auch daraus erklärt, dass sie als Autorin zu einem Stil griff, den sie während ihrer gesamten Schulzeit als „eingesperrt, individualistisch und kleinbürgerlich“ bezeichnet hatte, eine Einstellung, sie sie erst mit der Lektüre von Gunnar Ekelöf überwand als sie bereist über 20 Jahre alt war. Als sie daher in den 90er Jahren versuchte diese Grenze des Eingesperrten zu überwinden, greift sie zu kryptischen Stilmitteln und verschlüsselten Worten, deren Inhalt man mehr erfühlen als tatsächlich aus den Worten tentnehmen kann.

Mit ihrem Gedichtband Joner im Jahre 1991, einer Lyrik, die nordische Balladen, Mythologie und die Form von dramatischen Gedichten verbindet, wird Katarina Frostenson zu einer der bedeutendsten schwedischen Lyrikerin der Gegenwart, denn dieses Buch zeigt zum einen eine Entwicklung der Autorin zur Perfektion, zum anderen aber auch ihre konservative Einstellung zur Poesie, die nicht erneuert werden muss, sondern es sind die Worte, die Laute, die Umgebung, die sich in ihrer Welt verändern. Im gleichen Stil von Joner sollten 1994 die Lyrikbände Tankarna und 1999 Korallen folgen, die man nahezu als lyrische Trilogie bezeichnen kann.

Parallel zur Erneuerung der schwedischen Lyrik verändert Katarina Frostenson in den 90er Jahren auch das Drama. Mit Fyra Monodramer geht die Dramatikerin hier den Weg, den Lars Norén bereits einige Jahre früher geöffnet hat, nur dass bei Frostenson nicht die zwischenmenschlichen Relationen eine Rolle spielen, die für Norén bedeutend sind, sondern die Person mit der Umgebung Stadt zurechtkommen muss, denn ohne Worte geht man in der Stadt verloren. Frostenson greift in ihren Dramen zum Surrealismus, aber sie vermischt diese Kunstform mit politischen Aussagen und eigenen Gedanken, die der Zuschauer erst selbst zerpflücken darf und wo er die verschiedenen Fragmente in seiner eigenen Gedankenwelt selbst zusammenfügen muss.

Katarina Frostenson, die einige der bedeutendsten literarischen Preise Schwedens erhielt und 1992 in die Svenska Akademien gewählt wurde, wo sie nach Artur Lundkvist auf dem Stuhl Nummer 8 Platz nahm, gehört mit zu den bedeutendsten modernen Lyrikern Schwedens, die zudem die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft immer wieder mit in ihren Werken aufnimmt und beleuchtet.

Trotz der immensen Bedeutung, die die Autorin bereits in der modernen schwedischen Literaturgeschichte einnimmt, sind bisher nur wenige ihrer Werke übersetzt, was jedoch nicht nur an ihrer Suche nach den idealen Worten liegt, sondern auch daran, dass sie bei den jüngeren Werken auf jede herkömmliche Regel der Sprache verzichtet und selbst Satzzeichen eine wichtige Rolle gibt und damit Werke schafft, die nur in Schwedisch die „wahre“ Aussage treffen, denn nicht das Wort als solches ist ihr Ausdruck, sondern auch die Lautwahl, die mit dem Wort verknüpft wird, ohne jedoch auch nur eine Sekunde lang zur Bildsprache zu greifen.

Copyright: Herbert Kårlin

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