9 juli 2013

Johan Henrik Thomander und die Kirchengeschichte Schwedens

Johan Henrik Thomander wurde am 16. Juni 1798 wurde als außerehelicher Sohn des Priesters Albrecht Johan Pisarski und Maria Sophia Thomaeus in Fjälkinge bei Kristianstad geboren und starb am 9. Juli 1865 im Alter von 67 Jahren in Lund. Thomander war ab 1834 mit Emilia Katarina Meyer verheiratet.

Seine Kindheit verbrachte Johan Henrik Thomander überwiegend bei seinen Großeltern mütterlicherseits, dort wo der Schriftsteller auch geboren war, da sein Vater dort die Tochter des Prosten getroffen hatte, die jedoch später einen Arbeiter heiratete.


Bereits mit 14 Jahren und nach dem Besuch der Karlshamns Skola begann Johan Henrik Thomander ein Philosophiestudium in Lund, das er jedoch, aus Geldmangel, bereits 1814 wieder abbrechen musste. Im gleichen Jahr wurde er Lehrer in Karlshamn. In seiner Freizeit bereitete sich Thomander dann auf das Priesterexamen vor, das er 1821 auch ablegte und dem die Priesterweihe folgte. Anschließend arbeitete der Schriftsteller erst als Prediger, 1826 wurde er Dozent am theologischen Seminar in Lund, 1831 wurde er dort Adjunkt in Theologie und 1833 wurde er im gleichen Bereich zum Professor ernannt.

Noch bevor Johan Henrik Thomander eigene literarische Werke veröffentlichte, hatte er sich bereits einen Ruf als Übersetzer gemacht, denn ab 1825 übersetzte er einige Werke von William Shakespeare, denen Übersetzungen von Aristophanes, Lord Byron und Voltaire (François-Marie Arouet) folgten. Einige der Übersetzungen wurden allerdings erst sehr spät in seinem Leben veröffentlicht.

Die literarische Karriere von Johan Henrik Thomander setzte im Jahre 1826 mit seiner Abhandlung De antichristo primae ecclesiae ein, dem dann die Theologisk quartalskrift folgte, die Thomander gemeinsam mit Henrik Reuterdahl veröffentlichte, eine Reihe, die eines der bedeutendsten Werke der schwedischen Religionsgeschichte ist. Die Beiträge von Thomander betreffen hier vor allem die Geschichte und die Entwicklung der Predigt in der protestantischen Kirche, ein Bereich, der nur von wenigen religiösen Autoren in dieser Tiefe behandelt wurde.

Im Jahre 1835 wollte Johan Henrik Thomander das Neue Testament revidieren um damit gegen die Tendenz der Bibelkommission anzugehen, was jedoch nicht gelang, da Thomander mit zu den konservativsten Religionskritikern jener Zeit gehörte, der zudem den Drang hatte seine eigene Meinung in möglichst jedem Punkt durchzusetzen, was ihn auch dazu brachte sich politisch zu betätigen.

Als sich gegen 1830 die Gruppen der Antialkoholiker unter den Priestern Schwedens entwickelte, schloss sich Johan Henrik Thomander unmittelbar der Gruppe um Peter Wieselgren und Paul Gabriel Ahnfelt an und wurde innerhalb zahlreicher Vereine gegen den Alkoholmissbrauch aktiv, was als gewisses Zeichen einer liberaleren Einstellung des Priesters und Schriftstellers gewertet wird.

Um gegen die Strömungen der aufkommenden Erwecker anzugehen, verfasste Johan Henrik Thomander im Jahre 1838 einen Katechismus und bearbeitete 1849, dieses Mal gemeinsam mit Wieselgren, das Wallinska Psalmenbuch, die einen bedeutenden Einfluss auf die Denkweise jener Zeit hatten, da diese beiden Werke die einzigen waren, die nahezu jeder Schwede kannte.

Das bedeutendste Werk von Johan Henrik Thomander sind indes seine zweibändigen Predigten, auch wenn diese bei weitem nicht seine Stärke als Redner zeigen. Diese Predigten wurden jedoch nicht nur von vielen Priestern Schwedens zu Rate gezogen, sondern sie wurden auch ins Dänische übersetzt. Das Besondere dieser Predigten ist, dass sie nicht nur auf den konservativen Protestantismus aufbauen, sondern auch eine Ironie und einen Humor ausdrücken, zwei Eigenschaften, die von den Gläubigen extrem geschätzt wurden.

Johan Henrik Thomander hatte das Glück in eine Zeit des religiösen Umbruchs zu geraten und dabei eine führende Rolle zu spielen. Seine Schriften sind daher ein Zeitdokument, das den Kampf zwischen der Erweckungsbewegung und der Svenska Kyrkan zeigt bei der sich die Svenska Kyrkan, zum Teil dank Thomander, behaupten konnte. Seine Gedanken zu dieser Entwicklung veröffentlichte er in seinem Werk Om svenska kyrkans och skolans angelägenheter.

Johan Henrik Thomander erhielt 1849 für seine Sammlung an Predigten den großen Preis der Svenska Akademien und wurde im Jahre 1855 auch als Nachfolger von Per Daniel Amadeus Atterbom in die Akademie gewählt, wo er auf dem Stuhl Nummer 18 Platz nahm.

Die Töchter Thomanders stifteten nach dem Tod des Vaters der Universität Lund ein Haus, das für Studentenwohnungen verwendet werden musste. Dieses Wohnheim existiert noch heute unter dem Namen Johan Henrik Thomanders studenthem.

Copyright: Herbert Kårlin

8 juli 2013

Elisabeth Stierncrona, eine der frühen Autorinnen Schwedens

Elisabeth Stierncrona wurde am 9. Januar 1714 als Tochter des Freiherrn Gabriel Stierncrona und dessen Frau Antoinetta Maria Amya in Stockholm geboren und starb am 28. Juli 1769 im Alter von 55 Jahren ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Stierncrona war ab 1729, als sie 15 Jahre alt war, mit dem 16 Jahre älteren Grafen Fredrik Gyllenborg verheiratet.

Da Elisabeth Stierncrona in der gehobenen Schicht Schwedens aufwuchs, hatte sie, wie auch ihre Geschwister, einen Privatlehrer. Welches Ausbildungsniveau sie erreichte, ist unbekannt, aber da sie einen Grafen heiratet und später literarisch an die Öffentlichkeit trat, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie eine hohe Bildung hatte und einige Fremdsprachen beherrschte. Unter ihren sechs Geschwistern erreichten nur zwei das erwachsene Alter.

Elisabeth Stierncrona, Gemälde von Magnus Hallman (1745-1822), Svenska Porträttarkivet (SPA)

Als das jüngste Kind von Elisabeth Stierncrona zwölf Jahre alt war, erschien das erste Buch der Schriftstellerin unter dem Titel En swensks tankar öfwer den 22 Junii 1756 ein politisches Werk zum Staatsstreich am 22. Juni 1756, der mit dem Tod von Erik Brahe endete und zeigt, dass sich Stierncrona bedeutend für die politischen Ereignisse jener Epoche interessierte und, vermutlich über ihren Mann, ständig auf dem Laufenden gehalten wurde.

In den Jahren 1756 und 1760 erschien dann das zweiteilige Andachtsbuch Marie bästa del eller Thet ena nödwändiga, das die Autorin als Übersetzung ausgab, obwohl alles darauf hinweist, dass Elisabeth Stierncrona selbst sämtliche Texte schrieb, wobei dieses Werk, das insgesamt 1600 Seiten umfasst, nicht nur als Andachtsbuch, das auf die Bibel aufbaut, zu sehen ist, denn Stierncrona fügte auch 67 religiöse Gedichte hinzu, die der Priester Carl Oscar Roos im Jahre 1861 separat veröffentlichte.

Sowohl in ihrem politischen als auch ihrem religiösen Werk spürt man den didaktischen Gedanken den Elisabeth Stierncrona beim Schreiben verfolgt, denn sie sieht, unter anderem, das schwedische Volk als das ausgewählte Volk des Protestantismus und will daher den Lesern gewisse Verhaltensregeln näher bringen. Dies zeigte sich auch bei En swensks tankar öfwer den 22 Junii 1756 sehr deutlich, dann sie kritisiert dabei auch das Königshaus, dass sich beim versuchten Staatsstreich über den Glauben hinaus erheben will und damit den göttlichen Willen missachtet.

Als 1759 der Ehemann von Elisabeth Stierncrona stirbt, schreibt sie ihr letztes Werk, einen 274 Seiten langen Ratschlag an ihre Kinder, der eine Mischung aus Ratschlägen und einer persönlichen Beichte ist. Zum einen bekennt sich hier Stierncrona uneingeschränkt zum protestantischen Glauben, zum anderen erzählt sie von ihren Schwächen und ihren Fehlern, was man als Vorläufer eines Bekenntnisromans sehen kann.

Parallel dazu kommt ein erneut didaktischer Teil, den sie als Ratschlag an ihre mittlerweile erwachsenen Kinder mitgeben will und spricht von der idealen Erziehung, was in jener Zeit bedeutet, einer Erziehung zum richtigen Glauben und der absolute Gehorsam gegenüber seinen Eltern. Die Schriftstellerin bietet gerade mit diesem Buch ein bedeutendes Zeitdokument, das dem Leser die Denkweise jener Epoche näher bringt, insbesondere deswegen, weil Elisabeth Stierncrona hier ein persönliches Werk schreibt, das nicht zur Veröffentlichung gedacht war, sondern sich an ihre Kinder richtete.

Ob ihre Leitregeln, die sie an die Kinder richtete, nicht auch aus persönlichen Erfahrungen heraus entstanden und der Tatsache, dass sie nach dme Tod ihres Mannes entdecken musste, dass der ganze Reichtum auf merkwürdige Geschäfte aufbaute und zwei ihrer Söhne offensichtlich nicht nach ihrem Leitfaden handelten, ist ungewiss, denn Tatsache ist, dass sie 1760 entdecken musste, dass ihr Ehemann ihr nur Schulden hinterlassen hatte und die folgenden Erbstreitigkeiten und rechtlichen Auseinandersetzungen ihr die letzte Kraft nahmen.

Die literarische Leistung von Elisabeth Stierncrona ist beachtlich, obwohl sie nur zwei ihrer Werke veröffentlichte und das dritte an ihre Familie richtete, denn sie bewies eine ausgereifte Sprache und analytisches Denken. Die religiöse Betonung, die man in ihren Werken findet, muss man zeitbedingt sehen, denn das Leben im 18. Jahrhundert kreiste ausschließlich um Religion, unabhängig davon, ob es sich um Politik, Wissenschaft oder Literatur handelte.


Copyright: Herbert Kårlin

7 juli 2013

Henrik Bernhard Palmær und die schwedische Satire

Henrik Bernhard Palmær wurde am 21. August 1801 als Sohn des Propstes Isac Magnus Palmær und dessen Frau Catharina (Karin) Maria Kinberg in Frinnaryd bei Jönkping geboren und starb am 7. Juli 1854 im Alter von 52 Jahren in Linköping. Palmær war ab 1847 mit Emilie Charlotta Schylander verheiratet.

Da die Mutter von Henrik Bernhard Palmær sehr früh starb, wurde er von einem strengen Vater erzogen, der in seinem Sohn ein Genie sah und ihn deshalb bereits 1809 in die höhere Schule in Linköping schickte. Erst zehn Jahre später legte Palmær dann jedoch seine Hochschulreife ab und begann ein Philosophiestudium an der Universität Uppsala, das er 1830 beendete.

Henrik Bernhard Palmær, Lithographi in der Zeitung Nordstjernan, 1848

Nach Abschluss seines Studiums arbeitete Henrik Bernhard Palmær drei Jahre lang als Adjunkt für Chemie und Pharmazie am Karolinska Institutet in Stockholm. Da er jedoch seine Aufgabe wenig ernst nahm und weitaus mehr an Literatur und dem Müßiggang interessiert war, gab er sein Amt sehr bald wieder auf.

Die literarische Karriere von Henrik Bernhard Palmær kann man bis zu seinem Studium in Uppsala zurückverfolgen, da man im Poetiska kalender des Jahres 1822 bereits vier seiner frühen Gedichte findet. Diese ersten Gedichte schrieb Palmær noch unter dem Einfluss seiner Freunde Per Daniel Amadeus Atterbom und Vilhelm Fredrik Palmblad mit denen er die neuromantischen Ideale teilte. Schon ein Jahr später näherte sich der Schriftsteller allerdings den Fosforisten und damit insbesondere dem Autor Vitalis (Erik Sjöberg).

Während seiner Zeit als Adjunkt verkehrte Henrik Bernhard Palmær insbesondere mit Autoren wie Karl August Nicander oder Gustaf Henrik Mellin ohne sich jedoch als Literat hervorzuheben. Erst als Lars Johan Hierta im Jahre 1834 einen literarischen Journalisten für das Aftonbladet suchte, taucht Palmær wieder unter der Abkürzung P auf. Auch wenn der Journalist und Schriftsteller um diese Zeit seinen romantischen Stil noch nicht abgelegt hatte, zeigte er sich 1834 mit Fyra brev till Svenska Minerava als satirischer Humorist und wurde in ganz Schweden bekannt, denn dieser Beitrag legte einige Schwächen des Nationaldichters Esaias Tegnér auf lustige und ironische Weise offen.

Sehr bald langweilte jedoch Henrik Bernhard Palmær die Arbeit beim Aftonbladet und er bewarb sich als Lehrer nach Linköping, allerdings ohne jeden Erfolg. Und erneut kommt Palmær zum Journalismus, denn 1838 gründete er den Östgöta Correspondenten, den er vor allem dadurch in die Höhe brachte, da er hier seine Feinde mit allen ihren Schwächen angriff und so dem Skandalblatt zum Erfolg verhalf.

Bereits 1841 übergab Henrik Bernhard Palmær den Östgöta Correspondenten und gründete die Monatszeitschrift Herr Lars, die der Schriftsteller jedoch wegen einer Anstellung als Lehrer für Landwirtschaftschemie aufgab. Nachdem ihn auch diese Aufgabe bald langweilte, wurde Palmær dann Buchdrucker und schließlich übte er zwei Jahre lang seinen Einfluss in der nationalen Politik aus. Aber sobald Palmær dem Erfolg nahe war, verlor er jedes Interesse und begann ein neues Projekt. Auch nach seiner Vertretung von Linköping und Vimmerby im Reichstag im Jahre 1847 und 1848 ließ er seine Freunde wieder im Stich und begann für die Zeitungen Friskytten, das Dagbladet und schließlich das damalige „Skandalblatt“ Söndagsblade zu schreiben, bis er 1853 nach Linköping zurückkehrte und dort die Östgöta-Gazetten gründete, erneut um vor allem seiner persönlichen Meinung Gehör zu verschaffen.

Auch wenn Henrik Bernhard Palmær sehr viel schrieb, so trat er erst am 1848 als Schriftsteller hervor und veröffentlichte anschließend einige wenige Werke, die jedoch eine große Beachtung fanden. Nach seinem Tod geriet Palmær jedoch nahezu unmittelbar in Vergessenheit, denn er hatte sich vor allem durch seine spontanen Reaktionen als Journalist bekannt gemacht und Satire war um diese Zeit literarisch nicht anerkannt, da man diese nur der Presse zuordnete.

Erst ab dem 20. Jahrhundert entdeckten Literaturwissenschaftler die tatsächliche Leistung von Henrik Bernhard Palmær, man begann seine bedeutendsten Werke und Briefe zu sammeln und brachte dann mehrere Sammelwerke des Journalisten und Schriftstellers auf den Markt, der, wenn auch aus sehr persönlichen Motiven, der Satire in Schweden zum Durchbruch verholfen hat.

Copyright: Herbert Kårlin

6 juli 2013

Karl Alfred Melin, der Dichter der Schären des Södermanlands

Karl Alfred Melin wurde am 11. März 1849 als Sohn des Volksschullehrers Carl Eric Melin und dessen Frau Catharina Berglun in Utö bei Stockholm geboren und starb im Alter von 70 Jahren in Torö auf Lidingö. Meilin war ab 1879 mit Serla Maria Ossbahr verheiratet.

Seine Kindheit verbrachte Karl Alfred Melin auf einem Hof in Österhaninge, wo er in einem bürgerlichen Elternhaus aufwuchs und die ersten Jahre auch zu Hause die grundlegende Schulbildung erhielt. Melin besuchte ab 1859 die Maria Skola in Stockholm, wechselte 1864 ins Gymnasium der selben Stadt und machte dort 1868 die Hochschulreife.


Nach der Hochschulreife schrieb sich Karl Alfred Mellin an der Universität Uppsala Philosophie, Ästhetik, Literaturgeschichte und Kunstgeschichte. Im Jahre 1875 disputierte der Schriftsteller und Dichter an der gleichen Universität um anschließend erst als Lehrer und später auch als Lektor und als Bibliothekar zu arbeiten.

Auch wenn sich Karl Alfred Melin bereits in Uppsala für Dichtkunst interessierte und Mitglied der allgemeinen Gesangsvereinigung war, so entstand sein Psalm O Herre du som säger erst im Jahre 1880. Da der Schriftsteller in seiner Zeit als Lehrer nur relativ wenig Zeit für die Verfassung seiner Gedichte aufwenden konnte, erschien sein erster Gedichtband Humleplockningen erst 1882, dem später auch die beiden Bände Dikter im Jahre 1888 und 1904 folgen sollten.

Karl Alfred Melin gehörte sowohl in seiner Dichtkunst, als auch als Literaturlehrer der konservativen Schicht des romantischen Idealismus an, denn seine Poesie zeigt die Züge von Per Daniel Amadeus Atterbom, Carl David af Wirsén und Viktor Rydberg und als Lehrer wollte er August Strindberg nicht als Schriftsteller anerkennen. Seine Schülern wurden daher vor allem die Werte von Johan Olof Wallin, Georg Stiernhielm und Johan Ludvig Runeberg näher gebracht. Um diese literarischen Werte zu fördern, veröffentlichte Melin, gemeinsam mit Carl Hugo Hernlund auch ein Lesebuch für die Mittelstufe, das die nationalen Werte der schwedischen Literatur hervorhob.

Eine Veränderung in Karl Alfred Melins Dichtung stellt man bei seinem Gedichtband Skärgårdsbilder aus dem Jahre 1891 fest, denn nachdem er die Landschaft der Schären im Södermanland entdeckt hatte, begann der Schriftsteller die Natur der Schären und deren Bewohner zu schildern, allerdings nicht mehr nur in Versform, sondern er verfasste auch zahlreiche Kinder- und Jugendbücher, die vor allem um das Thema Wikinger kreisten.
Dass Karl Alfred Melin jedoch nach wie vor die alten schwedischen Ideale schützen wollte, zeigt sich darin, dass er die Redaktion von etwa 30 Jugendbüchern der W. Billes Jugendbibliothek übernahm, eine Initiative, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegen die sogenannte Nick Carter Literatur gerichtet war, eine Serie übersetzter amerikanischer Kriminalromane, die um diese Zeit als Schundliteratur betrachtet wurden, deren einziges Ziel es war die schwedische Jugend zu verderben.

Im jahre 1898 wurde Karl Alfred Melin auf dringende Empfehlung von Wirsén in die Svenska Akademien gewählt, wobei diese Wahl vor allem dazu diente einen zweiten schöngeistigen Schriftsteller, neben Wirsén selbst, in die Akademie aufzunehmen, auch wenn Melin um diese Zeit noch nicht sehr viele Bücher veröffentlicht hatte, da seine bedeutendste Schaffenszeit erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzte. Innerhalb der Svenska Akademien nahm Melin auch schnell eine bedeutende Rolle innerhalb des Nobelkomitees ein.

Die ersten Jahren verhielt sich Karl Alfred Melin gegenüber seinem Gönner Wirsén absolut loyal und folgte auch dessen Empfehlungen, auch wenn er eine andere Meinung als sein Gönner hatte. Der Bruch kam jedoch als Wirsén verhindern wollte, dass Henrik Schück in die Svenska Akademien gewählt wurde, da Melin nun einen persönlichen Brief zugunsten von Schück verfasste, der sowohl von M. Karlfeldt und Carl Rupert Nyblom unterschrieben wurde. Durch diese Initiative wurde die Macht Wirséns innerhalb der Akademie gebrochen.

Noch heute werden die Gedichte von Karl Alfred Melin, der zeit seines Lebens als Humleplockningens och Skärgårdsbildernas skald bezeichnet wurde, als seine bedeutendsten Werke bezeichnet, da man in der Literaturgeschichte Kinder- und Jugendbücher nach wie vor als „minderwertig“ betrachtet. Zahlreiche Gedichte Melins wurden von Norman, Åkerberg, Stenhammar und anderen vertont.

 Copyright: Herbert Kårlin

5 juli 2013

Carl Wilhelm Bergman und die schwedische Geschichte einer Epoche

Carl Wilhelm Bergman wurde am 18. August 1820 als Sohn des Verwalters Karl Gustav Bergman und dessen Frau Gustava Magdalena Thun auf dem Gut Lagerfors in Bällefors im Västergötland geboren und starb am 5. Juli 1857 im Alter von 36 Jahren im Kurort Ramlösa bei Helsingborg. Bergman  war ab 1856 mit Vilhelmina Johanna Katarina Munthe verheiratet.

Da Carl Wilhelm Bergman in der Bürgerschicht aufwuchs, wurde er in den ersten Jahren von einem Hauslehrer unterrichtet und kam erst im Jahre 1830 in die Schule in Skara, die er jedoch wegen einem Lungenleiden 1839 vorzeitig abbrechen musste um sich jedoch dann zu Hause auf sein Studium vorzubereiten. Von Oktober 1842 bis 1847 studierte der Schriftsteller an der Universität in Lund die Philosophie Hegels. Nach Abschluss seiner Studien entschloss sich Bergman nach Stockholm zu gehen um Schriftsteller zu werden.

Carl Wilhelm Bergman, Bleistiftzeichnung von Augusta Borg, 1859, Schwedisches Reichsarchiv

Die Idee Schriftsteller zu werden, hatte Carl Wilhelm Bergman bereits sehr früh, denn bereits während der Schulzeit hatte er romantische Poesie geschrieben, die sehr stark von Erik Johan Stagnelius und Per Daniel Amadeus Atterbom beeinflusst war. Einige dieser Gedichte erschienen im Mariestads veckoblad.

Ein Jahr bevor Carl Wilhelm Bergman sein Studium an der Universität Lund begann, hatte er einige Zeit bei seinem Onkel, dem Oberst Berndt Bergman, der geadelt den Namen von Schinkel erhielt und ihn bat seine Aufzeichnungen über die Geschichte Schwedens für eine Veröffentlichung in Form zu bringen, verbracht. Auch wenn sich Bergman unmittelbar an diese Aufgabe machte, so sollte es bis 1852 dauern bis der erste von acht Bänden des Werkes unter dem Titel Minnen ur Sveriges nyare historia erschien.

Der erste von Carl Wilhelm Bergman bearbeitete Band wurde von den Kritikern völlig zerrissen, da er sich nicht an die damals übliche nüchterne Geschichtsschreibung hielt, sondern Details ausschmückte und die Geschichte dramatisierte. Gerade wegen dieser lockeren Art des Schreibens wurde der erste Band jedoch in einer großen Auflage verbreitet. Bergman hatte sich jedoch die Kritik zu Herzen genommen und hielt sich dann bei den folgenden Bänden mehr an die geschichtlichen Tatsachen, ohne jedoch auf die ihm eigene Dramaturgie zu verzichten. Das Werk wurde daher weniger eine wissenschaftliche Arbeit, sondern glich in vielen Punkten bereits dem historischen Roman.

Noch bevor jedoch dieses Geschichtswerk erschien, hatte Carl Wilhelm Bergman bereits mit Unterstützung von Carl Jonas Love Almqvist einige Werke zu politischen und sozialen Fragen der Zeit veröffentlicht und den Sozialroman Clara Vinqvist veröffentlicht. Diese Veröffentlichungen verhalfen ihm auch dazu, dass er sich unmittelbar nach dem Studium als Schriftsteller in Stockholm niederlassen konnte.

Wenn man Carl Wilhelm Bergman, der in den Jahren 1849 und 1850 auch in der sozialistischen Zeitschrift Reform mitarbeitete, innerhalb seiner Zeit betrachtet, so wurde er zwar vor allem wegen seiner populärwissenschaftlichen und teilweise unwissenschaftlichen Geschichtsschreibung kritisiert, obwohl der Bruch tiefer war, denn mit seiner Einstellung zur deutschen Philosophie, seinen humanistischen Gedanken und einer Geschichtsschreibung, die nicht die Meinung des schwedischen Monarchen und der Adelsschicht spiegelte, wurde er nahezu als Gefahr gesehen. Dass er mit seinen Werken das einfache Volk ansprach, war dabei noch eine erschwerende Tatsache. Es ist daher verständlich, dass Bergman Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl von der offiziellen Politik als auch der offiziellen Wissenschaft und Literatur abgelehnt wurde.

Betrachtet man die Arbeiten von Carl Wilhelm Bergman jedoch mit heutigen Augen, so ist er einer der wenigen Schriftsteller jener Epoche, die sich nicht an die Vorgaben der Adelsschicht hielten und daher in ihren Werken mehr die Denkweise des Volkes spiegeln und uns den Einblick in einen die „normale“ Dankweise der Gesellschaft ermöglichen.

Wenn man heute die literarische Leistung Carl Wilhelm Bergmans bewerten will, so muss man von allen gegen ihn vorgebrachten Kritiken abgehen, denn auch wenn seine Werke wissenschaftlich sehr große Lücken aufweisen und teilweise auch auf die falsche Spur führen, so gelang es ihm einen großen Leserkreis anzusprechen und damit auch zur Meinungsbildung beizutragen. Seine Werke zeugen von einem positiven Enthusiasmus, der die Ideale des Philosophen Ludwig Andreas Feuerbach ausstrahlt. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass Bergman mehr vom deutschen als vom schwedischen Gedankengut beeinflusst war und daher gezwungenermaßen in Schweden auf Widerstand und Kritik stoßen musste.

Carl Wilhelm Bergman hatte ursprünglich vor seine beiden frühen Werke Den religiösa frågan und Den sociala frågan zu überarbeiten, da er selbst die Schwächen dieser beiden Werke spürte, aber der frühe Tod des Schriftstellers ließ diese Arbeit nicht mehr zu. Als bedeutendstes Werk ist daher seine Geschichte in acht Bänden zu sehen, obwohl auch diese mit dem Jahre 1815 abbricht und von ihm durch den frühen Tod nicht mehr fortgesetzt werden konnte.

Copyright: Herbert Kårlin

4 juli 2013

Stieg Trenter und der Kriminalroman mit Stockholmer Milieu

Stieg Trenter, ursprünglich Stig Ivar Johansson, wurde am 14. August 1914 als Sohn des Kaufmanns Ivar Johansson und dessen Frau Ingegerd Leavander in Stockholm geboren und starb im Alter von 52 Jahren ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Trenter war in erster Ehe mit Gunnel Pehrsson verheiratet und ab 1960 in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Ulla Trenter.

Seine Kindheit verbrachte Stieg Trenter in Farsta, im Süden Stockholms. Nach dem Besuch der Realschule Nya Elementar im Jahre 1931 entschied sich Trenter bei der Luftwaffe in Västerås zu engagieren, begann jedoch gleichzeitig Erzählungen für die Zeitschirft Lektyr zu schreiben. Als der Schriftsteller 1934 seinen Abschied von der Luftwaffe nahm, begann er erst für das Morgonbladet als Kriegsreporter zu arbeiten. Zwei Jahre später kehrte Trenter nach Stockholm zurück und begann für die Stockholms-Tidningen zu arbeiten, wechselte bald zu LIV und ab 1940 wurde er Reporter bei Allers.

Stieg Trenter, Tragiskt telegram, 7. Auflage, Albert Bonniers Förlag, Stockholm, 1985

Die literarische Karriere von Stig Johansson begann im Jahre 1943 mit dem Kriminalroman Ingen kan hejda döden, den er bereits unter seinem ab dem Jahre 1936 angenommenen „Pseudonym“ Stieg Trenter veröffentlichte, einem Namen, den er aus einem Kriminalroman von Edmund Clerihew Bentley übernommen hatte und letztendlich auch als seinen richtigen Namen eintragen ließ. Ursprünglich hatte der Autor den Namen Stieg Trenter nur als Pseudonym bei seinen Presseartikel verwendet.

Bereits ein Jahr später erschien der nächste Roman von Stieg Trenter, wobei er in diesem Kriminalroman seine Hauptfigur einführte, den Fotografen und Amateurdetektiv Harry Friberg, der bald auch von Kriminalpolizisten Vesper Johnson begleitet wird, und anschließend in nahezu allen Kriminalromanen des Schriftstellers auftaucht.

Die Kriminalromane von Stieg Trenter zeichnen sich insbesondere durch die beeindruckenden Beschreibungen Stockholms aus, einer Eigenschaft, die man auch in den Krimis von Maria Lang, Maj Sjöwall/Per Wahlöö und Hans-Krister Rönblom finden kann. Diese Schilderungen verhalfen Stockholm in weitem Masse zu seinem Ruf und zeigen deutlich das Bild der schwedischen Hauptstadt zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Trenter ist vermutlich derjenige Kriminalautor, der am tiefsten in die Seele der schwedischen Hauptstadt einstieg, obwohl er mit seiner Familie mehrere Jahre lang in Italien lebte.

Die ersten 22 seiner Kriminalromane schrieb Stieg Trenter allein, die folgenden gemeinsam mit seiner Frau Ulla Trenter, und sein letzter Roman Rosenkavaljeren wurde von seiner Frau beendet, die anschließend die Serie fortsetzte, ihr allerdings einen eigenen Stempel verlieh, was ihr die Fans von Stieg Trenter teilweise übel nahmen.

Stieg Trenter schuf mit Harry Friberg einen Detektiv, der im Grunde einen Fall gar nicht lösen kann und deswegen sehr oft in Schwierigkeiten gerät. Friberg ist weder ein schneller Denker, noch ein Übermensch, sondern wird nur von seiner Neugierde geleitet, was natürlich dazu führt, dass er ständig in neue Mordfälle hineinschlittert. Deswegen benötigt Friberg auch seinen „Helfer“, den Kriminalpolizisten Vesper Johnson, der letztendlich die rettenden Ideen hat. Als Team sind die beiden unschlagbar.

Wenn man heute von den klassischen Kriminalromanen Schwedens spricht, die ab den 60er Jahren nicht nur in Schweden Erfolg hatten, sondern zu einer Gattung an Exportromanen wurden, so gehört Stieg Trenter grundsätzlich zu den vier großen Namen der literarischen Kriminalgeschichte und wird in einem Zug mit Maria Lang, Hans-Krister Rönblom und Vic Sunesson genannt, die heute alle zu den Klassikern des schwedischen Kriminalromans gehören.

Die Bedeutung von Stieg Trenter innerhalb der schwedischen Literaturgeschichte zeigt sich auch darin, dass mehrere seiner Kriminalromane als Vorlage für Fernsehfilme dienten, einige der Bücher in jüngster Zeit als Serienalben erschienen und nun alle beim Albert Bonniers Förlag als e-Bücher erscheinen, von Ausgaben als Hörbüchern ganz abgesehen.

Stieg Trenter, der Träger des Sherlockpriset der Abendzeitung Expressen ist, wird mit seinen Schilderungen Stockholms sehr oft mit Sherlock Holmes und James Joyce verglichen, da er mit Friberg auf gleiche Weise ein Bild Stockholms schuf wie Holmes und Watson London entstehen ließen und Ulysses vor den Augen des Lesers Dublin lebendig macht.

Mehrere Personen, die Stieg Trenter in seinen Romanen verewigte, wurden von ihm aus der Realität gegriffen unter denen einige sehr deutlich wiedererkannt werden. Auch wenn viele der Gebäude, die man in den Romanen des Autors im heutigen Stockholm nicht mehr finden kann, ist es nach wie vor ein Abenteuer seinen Spuren in der schwedischen Hauptstadt zu folgen. Trenter starb nach einer längeren Krankheit und wurde im Skogskyrkogården in Stockholm beerdigt.

Copyright: Herbert Kårlin

3 juli 2013

Gunilla Bergström und Alfons Åberg (Willi Wiberg)

Gunilla Bergström wurde am 3. Juli 1942 in Göteborg geboren und entdeckte als Kind bereits mehrere Kulturen, denn nach der Scheidung ihrer Eltern hatte sie zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein konnten, denn die Mutter bildete eine konservative bürgerlicher Lehrerfamilie und der Vater heiratete eine dänische Künstlerin bei der Kreativität mit bohemischer Atmosphäre gemischt wurde.

Nach ihrer Schulzeit besuchte Gunilla Bergström das Journalistik-Institut an der Universität Stockholm, das sie 1966 mit einem Examen als Journalist beendete. Anschließend arbeitete die Journalistin und Schriftstellerin erst bei Dagens Nyheter und anschließend beim Aftonbladet in Stockholm.

Gunilla Bergström, God natt, Alfons Åberg, Förlag Rabén Sjögren, Stockholom, 2006, Titel: Gunilla Bergström

Die literarische Karriere von Gunilla Bergström begann im Jahre 1970, als sie an einer Artikelserie über Scheidungen arbeitete, denn sie entdeckte, dass bei allen Diskussionen, die darüber geführt werden, der Aspekt des Kindes fehlte, wobei hierbei ihre eigenen Erfahrungen als Scheidungskind natürlich auch eine gewisse Rolle spielten. Bergström entschloss sich daher ein Buch für Kinder zu schreiben, das Kindern eine Scheidung auf einfachste Weise näher bringt.

Auch wenn die Idee gut war, so zeigte sich das Projekt an Mias pappa flyttar, dem ersten Kinderbuch der Autorin, gar nicht so einfach, denn Gunilla Bergström hatte keine Kinder, keine Erfahrung als Kinderbuchautorin und wusste nicht einmal wie ein Kinderbuch aufgebaut ist und wie groß eine Illustration sein sollte. Aber nach einigen Besuchen in den Buchhandlungen nahm das Projekt Form an und 1971 erschien das erste Buch der Autorin.

Nur ein Jahr später erscheint dann das erste Buch Gunilla Bergströms mit Alfons Åberg (Willi Wiberg) in der Hauptrolle, das ihr Leben vollständig verändern sollte und der erste Band einer langen Serie war. Bereits im Band God natt, Alfons Åberg legt die Schriftstellerin die Linie ihres Gesamtwerkes fest, denn die Hauptfiguren bleiben Vater und Sohn, ein Verhältnis, dass in manchen Punkten an die Kindheit Bergströms erinnert, die immer nur kurze Zeit beim Vater verbrachte und dort die Ungezwungenheit fand. In den Büchern mit Alfons Åberg bleibt die Mutter abwesend, genauer genommen inexistent.

Neben den Büchern über Alfons Åberg, die auch von Gunilla Bergström bebildert wurden, veröffentlichte die Autorin auch einige Bücher bei denen ihre eigenen Kinder die Hauptfiguren spielten, insbesondere die jüngste Tochter, die unter Autismus leidet und Entwicklungsstörungen hat. Das typischste Kinderbuch dieser Reihe ist Bill och Bolla, das, wie die beiden vorangehenden Werke zum gleichen Thema, in Reimform geschrieben ist.

Auch wenn Gunilla Bergström nahezu ausschließlich mit Alfons Åberg in Verbindung gebracht wird, so hat sie auch Lieder veröffentlicht, Stücke für das Kindertheater geschrieben, ein Libretto für ein Kindermusical verfasst und mehrere Bücher anderer Autoren illustriert, was man beim Erfolg Åbergs sehr leicht vergisst.

Gunilla Bergström gehört, obwohl sie, nach Astrid Lindgren, die meist verlegte, meist übersetzte und meist gelesene Kinderbuchautorin Schwedens ist, nie ein typisches Kinderbuch geschrieben, sondern Bücher aus dem realen Leben, des mit Erwachsenenthemen Kinder anspricht und damit eine eigene Kategorie an Kinderbüchern ausmacht.

Wenn man nur die Bücher mit Adolf Åberg betrachtet, so hat Gunilla Bergström allein in Schweden bereits über vier Millionen der Bücher verkauft und die gleiche Menge noch in Form von Übersetzungen. In diesem Rahmen muss man bedenken, dass Bergström die erste schwedische Autorin war, die auch ins Arabische übersetzt wurde, da ihre Themen frei von kulturellen Vorurteilen sind und daher „Familienprobleme“ jeden Landes Kindern auf einfachste Weise näher bringt.

Sehr viele Bücher von Gunilla Bergström, die seit 1975 als hauptberufliche Schriftstellerin und Illustratorin arbeitet, wurden mittlerweile verfilmt, für das Kindertheater bearbeitet oder erschienen als Zeichentrickfilm. In vielen Fällen war es Bergström selbst, die die Adaptationen schrieb und damit auch die Aussagen der Bücher erhalten konnte.

Im Jahre 1997 wurde Gunilla Bergström, der schon rund 20 bedeutende Preise für ihre Werke überreicht wurden, in die Svenska Barnboksakademien gewählt, wo sie auf dem Stuhl Nummer 12 Platz nahm. Ihre Bücher über Alfons Åberg sind noch heute in Schweden so stark gefragt, dass nicht ein einziger Titel aus der Reihe verschwand, sondern immer wieder neu aufgelegt wird.

Copyright: Herbert Kårlin

2 juli 2013

Björn Hodell und die humoristische Satire

Björn Hodell wurde am 2. Juli 1885 als  Sohn des Redakteurs Carl Julius Mårten Hodell und dessen Frau Ida Wilhelmina Åstrand in Stockholm geboren und starb am 22. Juni 1957 im Alter von 71 Jahren ebenfalls in der schwedischen Hauptstadt. Hodell war ab 1916 mit Elsa Margareta Jäderström verheiratet.

Seine Kindheit verbrachte Björn Hodell in einem bürgerlich künstlerischen Milieu auf Östermalm, wobei sich der Autor, nach eigenen Aussagen, als Urstockholmer fühlte, der fest mit der Stadt verwurzelt war. Während Hodell die Grundschule noch auf Östermalm besuchte, machte er seine Hochschulreife im Jahre 1907 in Nyköping.

Björn Hodell, Tack för sist gamle skämtare, Sohlmans, Stockholm, 1947

Nach der Hochschulreife begann Björn Hodell erst beim Östergötlands dagblad zu arbeiten, wechselte jedoch schon bald zur Östersunds-Posten. Schon 1909 entschied sich dann der Journalist eine Arbeitsstelle beim Stockholmer Elektrizitätswerk zu akzeptieren und setzte seine journalistische Tätigkeit nur noch in seiner Freizeit fort. Diese Anstellung sollte Hodell bis zum Jahre 1926 behalten. In dieser Zeit begann der Schriftsteller auch seine ersten Revuen zu schreiben und wendete sich dem Theater zu.

Bereits im Jahre 1916 übernahm Björn Hodell, neben seinem Beruf, die Redaktion der satirischen Zeitschrift Nya Nisse, die sein Vater gegründet hatte, jedoch zwei Jahre später wegen schlechten Verkaufsziffern eingestellt wurde. 1922 wurde Hodell Direktor des Folkets hus teatern, das er bis 1929 leitete. Dass Hodell zum Theaterchef ernannt wurde, lag vor allem daran, dass er um diese Zeit bereits einige Revuen geschrieben hatte und sein När byskräddaren och byskomakaren gifte bort sin pojke bereits bei der Eröffnung des Tantolundens Freilufttheaters in Stockholm bedeutend Aufmerksamkeit erregt hatte und der Autor zum Humor neigte, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts a besten beim Publikum ankam.

Als Björn Hodell im Jahre 1932 das Vanadislundens Freilufttheater und ein Jahr später auch das Skansenteatern, wurde Hodell immer mehr mit dem Theater und der Revue verknüpft, obwohl er weiterhin auch schriftstellerisch und literarisch, insbesondere als Autor von Lustspielen, aktiv war, aber die Regie war das sichtbare Ergebnis und trat daher für die Umwelt in den Vordergrund.

Auch wenn Björn Hodell mit seinen eigenen Revuen, seinen Beiträgen im Rundfunk und den Aufführungen, die er als Regisseur übernahm, keinerlei Risiken einging und moderne Strömungen vermied, überschätzte er sich bei seiner Satzung im Circus in Stockholm, denn 1936 brach sein Imperium zusammen und 1939 musste er persönlich in Konkurs gehen.

Nach dieser Niederlage griff Björn Hodell, einer der bedeutendsten Pioniere der schwedischen Satire des 20. Jahrhunderts, zum Alkohol. Nach einer zwangsweisen Einweisung ins Krankenhaus zur Abgewöhnung, kam Hodell nicht mehr zum Theater zurück, was allerdings auch damit zusammenhing, dass das Volkstheater immer weniger gefragt wurde und Hodell daher einer der letzten Repräsentanten dieses schwedischen volksnahen Theaters war.

In den 40er Jahren wandte sich Björn Hodell dann ganz dem Rundfunk, der Presse und der Schriftstellerei zu, wobei der Journalist und Schriftsteller hier zeigt, dass er den Humor und die Satire nicht verloren hatte, auch wenn Hodell nun weitaus sparsamer damit umging. Der Autor wird in den 40er Jahren einer der bedeutendsten Schilderer Stockholms, wobei er auch hier volkstümlich bleibt und die Alltagswelt der Stadt zum Thema hat. Das bedeutendste Werk in diesem Bereich wurden die Samlade Stockholmshistorier aus dem Jahre 1948.

Björn Hodell schrieb neben seinen humoristisch-satirischen Beiträgen für den Rundfunk und die Presse und seinen Lustspielen auch drei Filmmanuskripte, wobei bei zwei der Filmen Gustaf Molander die Regie hatte. Auch wenn Hodell zeit seines Lebens sehr viel schrieb und zu einem großen Teil den schwedischen Humor in Literatur, Film und Theater prägte, erschienen zwischen 1944 und 1949 nur einige wenige seiner Werke. Seine Bedeutung und sein Einfluss innerhalb der Literaturgeschichte Schwedens liegen daher mehr an seinem Einfluss, den er indirekt durch Radiosendungen und Theater ausübte und weniger an den veröffentlichten Schriften, was leider auch dazu führte, dass Hodell in den meisten Veröffentlichungen zur schwedischen Literaturgeschichte nicht einmal genannt wird.

Copyright: Herbert Kårlin

1 juli 2013

Owe Husáhr und die Auseinandersetzung mit der Psyche

Owe Husáhr wurde am 1. Juli 1921 als Sohn des Kaufmanns Ragnar Husáhr und dessen Frau Edith Elisabet Elfström in Mora geboren, auch wenn er in Borlänge eingetragen wurde, und starb am 20. Februar 1959 im Alter von 36 Jahren der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Husáhr war ab 1946 mit Maj Birgit Göransson verheiratet.

Seine Kindheit wurde, nach Owe Husáhr selbst, von Streitigkeiten der Eltern dominiert, was auch zur Scheidung führte und einer positiven Zeit bei seinen Großeltern mütterlicherseits, da der Großvater gerne und häufig Gustaf Fröding und Erik Axel Karlfeldt deklamierte und die Großmutter seine Fantasie mit eindrucksvollen Erzählungen anregte.

Owe Husáhr, Nattens väv, Folket i Bild, Stockholm, 1955

Nachdem die Mutter von Owe Husáhr sich erneut verheiratet hatte, kam der Junge wieder ganz zu ihr nach Hedemora und wurde dort in der Schule gemobbt, was jeden Morgen die Angst in ihm weckte. Erst die letzten Jahre der Volksschule wurden besser, da Husáhr nun den Schriftsteller Paul Lundh als Lehrer bekam. Das Milieu in das Husáhr in diesen Jahren gestoßen wurde, findet man in seinem ersten Roman Gör mitt mörker ljust auf sehr eindrucksvolle Weise geschildert.

Nach Abschluss der Volksschule besuchte Owe Husáhr eine Technische Schule an der er 1943 ein Examen als Ingenieur ablegte. Zwischen 1943 und 1947 hatte der Schriftsteller dann mehrere Anstellungen sowohl in Skåne als auch in Nordschweden, wo er nach Erz suchte. Ab 1947 beendete Husáhr seine Karriere als Ingenieur und entschloss sich dazu nur noch als Schriftsteller zu arbeiten, was natürlich bis zu seinem Durchbruchsroman Mistluren im Jahre 1949 mit großen finanziellen Schwierigkeiten verbunden war.

Nach seiner Ehe und mit dem Beginn als unabhängiger Schriftsteller zu arbeiten, zog Owe Husáhr nach Borlänge. Um über die Runden zu kommen, akzeptierte der Schriftsteller in dieser Zeit auch zahlreiche Aufträge als Redner bei allgemein bildenden Einrichtungen. Seine Isolation von der Welt anderer Schriftsteller führte dabei dazu, dass Husáhr keiner der literarischen Strömungen folgte, sondern beim Schreiben einem sehr persönlichen Weg folgte.

Die Novellen und Romane von Owe Husáhr, die in den 50er Jahren erschienen, sind, wie bereits der Roman Mistluren, eine Auseinandersetzung mit der Psyche von Menschen, die auf der dunklen Seite des Daseins existieren und bei denen Beziehungsprobleme die unterschiedlichsten Konsequenzen zeigen. Die Isolation und die Einsamkeit der handelnden Personen sind bei Husáhr oft das Ergebnis von Egoismus und ein Mangel sich anderen gegenüber zu öffnen. Die handelnden Personen seiner Romane und Novellen sind einfache Personen, die selbst den Alltag bisweilen nicht meistern.

Seine Neigung zum Dramatischen, das sich bereits in den Büchern von Owe Husáhr ausdrückt, will der Autor auch in einigen Stücken für das Theater unterbringen, allerdings ohne jeden Erfolg, da sich Husáhr nie für Kontakte interessierte und als Außenstehender keinen Zugang zur Welt des Theaters fand.

Die Hörspiele, die Owe Husáhr dagegen dem Rundfunk anbot, wurden jedoch ein bedeutender Erfolg, denn der Autor war in der Lage einen intimen und dennoch spannenden Dialog zu gestalten, der das Publikum vor dem Radiogerät fesselte. Leider wurden diese Hörspiele nie in Buchform veröffentlicht, was ebenfalls darauf zurückzuführen ist, dass der Autor zwar schreiben konnten, jedoch nicht wusste wie er sich auch verkaufen kann.

Obwohl die Romane von Owe Husáhr den Pessimismus der Autoren der 40er Jahre beinhalteten und damit eine gewisse Ergänzung zur Literatur dieser Epoche sind, nahm der Autor nie an den Debatten zur Zeit teil und blieb vom aktiven literarischen Geschehen dieser Epoche ausgeschlossen. Ob diese Isolation auf eine Angst vor der Umwelt zurückzuführen ist oder aber auf ein Desinteresse an der politischen Debatte zur Zeit ausdrückt, ist heute kaum zu sagen, da sich der Schriftsteller nie zu diesem Thema äußerte.

Sicher ist jedoch, dass Owe Husáhr nie die Welt oder die Gesellschaft verändern wollte, sondern ein Erzähler bleiben wollte, der die Psyche des Menschen analysiert und damit so manche Probleme der Gesellschaft erklärt, Probleme, die die man in nahezu jeder Gesellschaftsschicht findet. Husáhr versuchte, im Gegensatz zur Zeitströmung der 40er und 50er Jahre, seine Erzählungen in einen allgemeingültigen Rahmen setzen, der von den aktuellen Ereignissen weitgehend unbeeinflusst war.

Inwieweit Owe Husáhr seine persönliche Erfahrung und Entwicklung in seinen Romanen unterbrachte, kann man nicht bewerten, denn auch wenn man weiß, dass der Schriftsteller in seiner Jungend unter psychischen Problemen litt, so beschreiben ihn Personen, die den Autor kannten, auch als positiv und ausgeglichen. Mehrere Literaturwissenschaftler sind jedoch der Meinung, dass Husáhr starke innere Kämpfe ausführen musste, die er lediglich nicht an die Oberfläche geraten ließ. Durch den frühen Tod Husárs ist der Umfang seiner Werke jedoch sehr eingeschränkt.

Copyright: Herbert Kårlin